Während der Inquisition galt die Peinliche Befragung als letztes Mittel, um ein Geständnis zu entlocken. Unter großen Qualen wurden die Beschuldigten gefoltert und zur Aufgabe gezwungen. Der folgende Fragebogen dient der Selbstbestimmung – er ringt um Ihre Eingeständnisse. Sie haben das Recht zu schweigen. Doch alles was Sie verschweigen, kann vor Ihrem Gewissen gegen Sie verwendet werden.
Bitte rufen Sie sich die drei glücklichsten Momente Ihres Lebens vor Augen.
Liegen diese Momente nah beieinander oder sind sie weit in Ihrem Leben verstreut?
Und nun die drei schrecklichsten Momente.
Was hat länger gedauert?
Welche waren wichtiger für Sie?
Haben Sie einige dieser schrecklichen Momente selbst verschuldet?
Sehen Sie darin einen Fehler?
Glauben Sie, aus Fehlern zu lernen?
Falls ja, waren diese Momente dann nicht eigentlich schön?
Dreht man alles so lang hin und her bis es sich fügt?
Welche Gültigkeit hat die Lüge?
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Halten Sie sich für einen neugierigen Menschen?
Sind Sie eher neugierig auf andere Menschen oder auf sich selbst?
Glauben Sie im Großen und Ganzen, Sie können sich sehen lassen?
Angenommen man teilt Ihnen mit, dass Sie an einem beliebigen Tag Ihres Lebens beschattet wurden und alles in Bild und Ton aufgezeichnet wurde: würden Sie sich damit einverstanden erklären, diese Aufzeichnungen Ihren Freunden und der Familie zukommen zu lassen?
Warum / warum nicht?
Ehrlich, warum glauben Sie, sollte man Sie jemals beschatten?
Erinnern Sie sich gern an Ihre Kindheit?Warum?
Was ist Ihre früheste Kindheitserinnerung?
Merken Sie, dass mit fortschreitendem Alter mehr Erinnerungen zurückkommen?
Erinnern Sie sich an Träume aus Ihrer Kindheit?
Wer kennt Sie besser – Ihre Eltern oder Sie selbst?
Haben Sie sich schon mal als deren Fortsetzung empfunden?
Was danken Sie Ihren Eltern am meisten?
Glauben Sie, zu wissen wer Sie sind?
Was fürchten Sie?
Was halten Sie für wichtiger: das Sichtbare, also zum Beispiel Ihre äußere Erscheinung, oder das Unsichtbare wie Ideen, die Sie haben?
Wenn Ihr Äußeres sich verändern würde, würden sich auch Ihre Ideen verändern?
Haben Sie schon mal versucht, für sich zu klären, was das Denken ist?
Verglichen mit einem Auto – welche Geschwindigkeit hat ihr Denken?
Fahren Sie lieber Landstraße oder Autobahn?
Brauchen wir ein Modell des Denkens?
Man hört, Ordnung sei das halbe Leben. Heißt das, die andere Hälfte des Lebens ist Unordnung?
Welche dieser Hälften ziehen Sie vor?
Wie erklären Sie es sich, dass Sie manchmal mit guter und anderntags mit schlechter Laune aufwachen, obwohl diese Launen sich nicht auf die Stimmung des vorigen Abends beziehen lassen?
Beunruhigen Ihre nächtlichen Träume Sie hin und wieder?
Bereitet es Ihnen Schwierigkeiten, die Verantwortung für alles zu tragen, was in Ihrem Kopf vor sich geht?
Glauben Sie, zu wissen was Sie wollen?
Glauben Sie an den freien Willen?
Wie oft verlieren Sie die Beherrschung?
Haben Sie Prinzipien?
Halten Sie sich für flexibel?
Was hat Sie bisher im Leben am weitesten gebracht?
Fleiß
Einfallsreichtum
Glück
Können Sie sich auf sich selbst verlassen?
Oder fürchten Sie oft das Versagen?
Woran stellen Sie mehr Erwartungen – an das Leben oder an sich selbst?
Was mag wohl einen höheren Wert tragen – die Träume der Jugend oder die Weisheit des Alters?
Und welches der beiden ist attraktiver?
Wissen Sie, was Ihre Schwächen sind?
Stellen Sie sich selbst oft die Aufgabe, sich in dieser oder jenen Schwäche zu bessern?
Hand aufs Herz: ist es schöner zu berühren oder berührt zu werden?
Kommt es vor, dass Sie sich selbst belügen – sei es eine Kleinigkeit, um mit Schwächen oder Beeinträchtigungen Ihrer Person zurechtzukommen?
Woher wollen Sie das wissen?
Gefallen Sie sich selbst?
Falls ja, sind Sie selbstgefällig?
Kann es sein, dass der Mensch sich andauernd mit kleinen Selbstbelügungsprogrammen vor sich selbst rettet?
Falls Sie sich gerade für diesen Gedanken erwärmen: würde es Sie reizen, einen Knopf drücken zu können, der all diese Programme augenblicklich anhält?
Würde man dann sehen wie der Mensch ist?
Möchten Sie überhaupt wissen, wer Sie sind?
Oder wissen Sie es bereits?
Ist es schön, das zu wissen?
Lesen Sie diese Fragen untereinander weg oder geben Sie sich die Zeit, sie zu beantworten?
Wissen Sie in der Regel, woraus sich Ihre Motivation speist?
Haben Sie sich schon mal dabei erwischt, von Neid, Gier oder Hass angetrieben zu sein?
Falls ja, welches der dreien?
Halten Sie das für verwerflich oder denken Sie, dass es normal ist?
Kann ein Schreck schön sein?
Würden Sie sich selbst als seelisch unversehrt ansehen?
Mussten Sie in Ihrem Leben schon etwas hinnehmen, von dem Sie wissen, dass es Sie beeinträchtigt oder ewig betrübt – etwa den Verlust eines Menschen, eine schwere Enttäuschung, Misshandlung oder Niederlage?
Falls ja, wie helfen Sie sich selbst im Umgang mit diesem Erlebnis?
Ich gebe Ihnen das Stichwort Familie. Ist die erste Assoziation positiv oder negativ?
Sind Sie mit sich selbst öfter zufrieden oder öfter unzufrieden?
Was bereitet Ihnen mehr Probleme: Selbsthass oder Selbstliebe?
Haben Sie schon mal eine tiefe, reine und ganz ehrliche Liebe verspürt?
Wenn ja, welcher Natur war diese Liebe?
heterosexuell
homosexuell
heteroplatonisch
homoplatonisch
familiär
im Geiste
Was hat Ihnen an dieser Liebe gefallen, was hat sie ausgemacht?
In welcher der sechs genannten möglichen Beziehungen empfinden Sie die meiste Liebe?
Wie messen Sie Liebe?
Erinnern Sie sich an das Gefühl des ersten Verliebtseins?
Wenn ja, galt es einem realen Menschen, einem Traum oder vielleicht einer Filmfigur?
Gibt es zwischen Ihrem jetzigen Partner und der Person/Figur von damals Gemeinsamkeiten?
Wissen Sie warum Sie mit Ihrem jetzigen Partner zusammen sind?
Wann haben Sie sich das letzte Mal über sich selbst erschrocken?
Falls Sie keinen Partner haben, warum nicht?
Was ist Ihnen in der Liebe wichtiger, sie zu geben oder sie zu empfangen?
Sollten Sie nicht ehrlicher zu sich selbst sein?
Wie viele Spiegel hängen in ihrer Wohnung?
Gibt es jemanden, den Sie hassen?
Wenn ja, wie erklären Sie sich ein so intensives Gefühl für eine Person, die Sie hassen?
Gibt es so etwas wie aufrichtigen Hass? Und wenn ja, was ist das?
Haben Sie schon mal einem Menschen etwas Schlechtes gewünscht?
Und sich selbst?
Empfinden Sie die Welt, in der wir leben, eher als gediegen oder ist sie hysterisch?
Wüssten Sie gern mehr oder weniger?
Haben Sie im Traum oft ein körperliches Gefühl?
Was kam in Ihrem Leben öfter vor? Dass Sie sich überschätzten oder unterschätzten?
Haben Sie schon mal eine Art Dankbarkeit verspürt, für die Gene Ihrer Eltern?
Sind Sie rassistisch?
Verneinen Sie radikale Aussagen automatisch oder überprüfen Sie sie für sich selbst?
Glauben Sie an Gott?
Warum / warum nicht?
Welche Religion halten Sie für die gefährlichste?
Wie gefährlich sind Menschen?
Wie hoch ist in etwa der Anteil Ihres Geldes, den Sie für sinnlose Dinge ausgeben?
Was für Dinge sind das insbesondere?
Sind Sie sicher, dass diese Dinge, obwohl Sie Geld dafür ausgeben, sinnlos sind?
Wissen Sie warum Sie den Beruf ausüben, den Sie gerade ausüben?
Stellen Sie öfter widersprüchliches Handeln an sich selbst fest?
Fällt es Ihnen eher leicht oder schwer, einer Verführung – welcher Art auch immer – zu widerstehen?
Glauben Sie, dass Menschen oft Dingen verfallen, ohne es zu wissen?
Angenommen Sie müssen große Ängste ausstehen, machen Sie diese mit sich selbst aus, oder reden Sie mit jemandem?
Mit wem?
Was löst der Gedanke des Sterbens in Ihnen aus?
Wenn Sie in dieser Minute erfahren würden, es sei Ihr letzter Tag, was würden Sie tun?
Haben Sie jemals von Unsterblichkeit geträumt?
Wünschen Sie sich Kinder oder haben Sie welche?
Macht Ihr Unterbewusstsein Ihnen Angst oder Mut?
Sind Sie leicht zu beeinflussen?
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Sie haben nun einige Fragen gelesen. Mag es vermessen sein, sich derlei Fragen zu stellen?
Ängstigt Sie die Vorstellung, jemand könnte Ihre Antworten auf diese Fragen erfahren?
Angenommen ich würde Sie bitten, mir die Antworten, wenigstens einige davon, zukommen zu lassen – würden Sie es tun?
Wenn ja, schreiben Sie mir eine Mail.
Gibt es jemanden, mit dem Sie die Antworten teilen möchten?
Verspüren Sie gerade den Wunsch dieser Person zu sagen, dass Sie Ihnen viel bedeutet?
Sind Sie oft einsam?
Verdächtigen Sie mich, dass ich versuche, mich mit diesen Fragen zu profilieren?
Sollten wir uns nach all meinen indiskreten Fragen nicht wenigstens duzen?
Über die Fotografen
Katharina Behling wurde im malerischen Dickte geboren, das sie zusammen mit dem Fotografen Fabian Zapatka in dieser Fotostrecke wieder aufsucht. Die feinfühligen Fotografien sind Brücken, die bis in die frühe Kindheit hineinreichen. Als Betrachter nimmt man an der Rückgewinnung einer verlorenen Zeit teil, sieht wie sie visuell neu erobert und mit Bedeutung versehen wird.
Katharina Behling verbrachte ihre spätere Kindheit und Jugend in Berlin, bereiste als Fotomodel die Modemetropolen Mailand, Tokyo und Barcelona und absolvierte später ihr Studium der Fotografie in Leipzig an der Hochschule für Grafik und Buchkunst und in Südafrika an der Rhodes University Grahamstown. In ihrem fotografischen Schaffen nähert sie sich u.a. dem Heranwachsen von Mädchen (SPEX und DU Magazin) oder vom Zeitbefinden unberührten Orten wie Hirschfelde und Schneeberg im Erzgebirge. Zudem realisiert sie Modestrecken für Magazine wie Style and the Family Tunes, DAMn Magazin oder Neon und arbeitet in freien Produktionen für das MoMA in Berlin oder für die Neue Nationalgalerie Berlin. Der unsichtbare Bedeutungsfaden ihrer Bilder wird bestimmt durch ihren künstlerischen Forscherdrang, den sie auch auf ihren zahlreichen Reisen auslebt – beispielsweise mit dem Auto unterwegs durch Nordafrika, Kanada und Russland. Gerade widmet sie sich dem Frauen-Boxen in Berlin.
Fabian Zapatka, geboren 1978, verbrachte seine Kindheit und Jugend in München, seit 1999 lebt er in Berlin. Nach einigen Jahren beim Film, wandte er sich 2004 der Fotografie zu. Seine Bilder umgeben
eine feinstoffliche Poesie, die seinen Sujets immer eine sensible Stärke verleiht.Sie sind gefragt in allen renommierten deutschen Magazinen, darunter brand eins, Qvest, SPEX, das Süddeutsche und Zeit Magazin. Eigentlich erlebt er die Welt reisend – mit dem Bus von Berlin in den Balkan bis zur Türkei, nach Georgien, Indien oder auf dem Rennrad von Aleppo in Syrien nach Beirut im Libanon. Dennoch würde es ihn nach all dem Reisen freuen, mit seiner Familie ein Refugium in Berlin zu finden.