Das Prinzip Wiederholung: Der Hamburger Kunstverein zeigt neue Arbeiten von Natalie Czech und Nathan Hylden. Ebenfalls zu Gast: Das Modelabel Herr von Eden.
Mode, Gedichte, Fotografie und serielle Malerei. Im Hamburger Kunstverein sind zur Zeit zwei Einzelausstellungen zu sehen, die sich formal mit dem Stilmittel der Wiederholung auseinandersetzen. Die Berlinerin Natalie Czech, Jahrgang 1976, zeigt konzeptuelle Fotografie an der Schnittstelle zur konkreten Poesie. Und unter dem Titel „Mean While“ ist die erste institutionelle Einzelausstellung des 1978 geborenen Malers Nathan Hylden aus Los Angeles zu sehen. Im Foyer des Kunstvereins erhalten die Besucher zudem einen Einblick in die Kollektionen und Werbekampagnen des kultigen – Hamburger Modelabels Herr von Eden.
Natalie Czech zeigt unter dem Titel „I cannot repeat what I hear“ zwei neue Serien, die literarische Prinzipien zum Ausgangspunkt nehmen. In „Poems by Repetition“ nimmt sie Bezug auf einen Text der amerikanischen Dichterin Gertrude Stein (1874-1946) über das Phänomen der Wiederholung. Czech wählt Kurzgedichte aus, die sie dann in ihrer Fotografie visualisiert. Fotografisches Ausgangsmaterial können Magazin-seiten sein, ein Lehrbuch für Tanzschritte, der E-Book-Reader Kindle, Plattencover mit Kultcharakter oder Motive aus der jüngeren Kunstgeschichte, die sich ins kollektive Bildgedächtnis eingeprägt haben. Czech markiert einzelne Wörter und Buchstaben in den abfotografierten Vorlagen, so dass ausgewählte Kurzgedichte, etwa von Allen Ginsberg, im fremden Text sichtbar werden. Aus der Kombination zunächst disparater Elemente des allgemeinen kulturellen Gedächtnisses entstehen so überraschend neue Sinnzusammenhänge. Der Betrachter kann in den die glatte Perfektion der Werbeästhetik ironisierenden Fotografien Czechs Hinweise auf frühe Filme von Yoko Ono und John Lennon, die erste kommerziell erfolgreiche Single von Pink Floyd oder die legendäre Serie „Men in the Cities“ des US-Künstlers Robert Longo aus den 1980er Jahren erkennen.
In ihrer zweiten Serie „Voyelles“ bezieht sich Natalie Czech auf ein Sonnet des französischen Dichters Arthur Rimbaud aus dem Jahre 1871. Sie bat zehn renommierte Autoren, einen fiktiven Brief zu schreiben, der sich mit der synästhetischen Wahrnehmung auseinandersetzt.
Nathan Hylden, der in Frankfurt und Los Angeles studiert hat, nimmt sein Studio als Ausgangspunkt seine Ausstellung „Mean While“. Zu sehen sind die im Laufe eines Tages durch den Raum wandernden Schattenrisse von Möbeln und Gegenständen in seinem Atelier, die Hylden fotografiert und per Siebdruck auf zehn gleich große Aluminiumplatten überträgt. Danach bearbeitet er diese mit Acrylfarbe. Durch die strenge Hängung betont Hylden den seriellen und filmischen Charakter seiner Arbeit. Aus einer weiteren Serie präsentiert Hylden jeweils zwei abstrakte Motive nach einem dialogischen Prinzip. Eine positive und eine negative Variante hängen sich gegenüber. Große Teile des Ausstellungsraums lässt er einfach leer. „Ich wollte den Raum hier so offen wie möglich lassen und die Präsenz der Architektur betonen“, sagt er. Nathan Hylden steht in der Tradition konzeptueller kalifornischer Malerei der 1970er und 1980er Jahre, die er weiter entwickelt und neu auslotet, indem er mit Varianten, Wiederholungen und kleinen Veränderungen spielt. In Verbindung mit der ebenfalls sehr durchdachten Bildstrategie von Natalie Czech ergibt das eine ziemlich coole, aber umso sehenswertere Sommerausstellung.
Auf einen Blick:
Ausstellungen:
Natalie Czech: I cannot repeat what I hear, bis 1. September 2013
Nathan Hylden: Mean While, bis 15. September 2013
Ort: Kunstverein in Hamburg
Zeit: Di-So 12-18 Uhr
Katalog: in Vorbereitung
Internet: www.kunstverein.de