Galerienrundgang Düsseldorf: Die Düsseldorfer Galerienszene zeichnet sich durch ein entspanntes Miteinander ebenso aus wie durch ihre Nähe zu den rheinischen Sammlern.
Ein lauer Freitagabend in Düsseldorf. Es ist Vernissage in einigen Galerien in Flingern und in der Innenstadt. Außerdem Eröffnung im Kunstverein. Die Wege sind kurz: Das Publikum ist überwiegend zu Fuß, mit dem Rad oder der Straßenbahn unterwegs. Nur keine Zeit verlieren. Man trifft sich gleich mehrmals an diesem Abend – spätestens an der nächsten Station.
Und die Stimmung? „Die Stimmung ist trotz vieler kulturpolitischer Widrigkeiten in NRW gut in Düsseldorf“, sagt Daniela Steinfeld, Inhaberin der Galerie Van Horn. Der Umgang unter den Galeristen sei „sportlich-freundlich“. „Wenn man hier mit einer guten Idee kommt, ist man sofort dabei. Ich habe das Gefühl, dass in Düsseldorf gerade eine positive Entwicklung stattfindet“, so Steinfeld. 2004 eröffnete sie ihren ersten Ausstellungsraum. Seit 2009 betreibt sie die Galerie Van Horn im bunten Stadtteil Flingern, östlich der Innenstadt.
Tatsächlich hat sich hier in den letzten Jahren eine gut miteinander vernetzte Galerienszene entwickelt. Parallele Eröffnungen, ein Flyer und gemeinsame, eher informelle Dinner machen die Rundgänge in Flingern zu einer runden Sache. Zur Zeit zeigt Daniela Steinfeld maskenartige Skulpturen und Ölzeichnungen des 35-jährigen Bildhauers Lukas Schmenger, den sie an der Düsseldorfer Akademie entdeckt hat. Sie legt Wert auf die Feststellung, „dass auch außerhalb von Berlin Kunst auf Weltniveau gemacht werden kann.“ (Zeichnungen ab 950 Euro, Skulpturen 6.800 bis 7.500 Euro)
Ein paar Ecken weiter zeigt die Galerie Kadel Willborn, die im Jahr 2013 ganz bewusst von Karlsruhe nach Düsseldorf gezogen ist, Fotografien und Filme von Kathrin Sonntag, Jahrgang 1981. Es ist die erste Einzelausstellung der für ihr hintergründiges Spiel mit Sehkonventionen bekannten Berlinerin in der Galerie. Viele der gezeigten Arbeiten basieren auf Material das während eines DAAD-Stipendiums in New York entstanden ist und jetzt weiterbearbeitet wurde. Häufig arbeitet Sonntag mit Objets trouvés im Studio. (Fotografien: 2.500-3.000 Euro, Auflage: 3, Video: 8.500 Euro, Auflage: 3)
Ebenfalls in Flingern betreibt Petra Rinck ihre Galerie. Sie zeigt gerade den 49-jährigen Düsseldorfer Ralf Brög, unter anderem mit seiner Fotoserie „Isolationen“, für die er Details aus kunstgeschichtlichen Werken isoliert und abfotografiert hat. „Es geht hier nicht um Wiedererkennbarkeit“, sagt Petra Rinck (Preise je nach Größe und Blattnummer 700-3.500 Euro, Auflage: 3).
Auf dem Weg in die Innenstadt noch vorbei an zwei nichtkommerziellen Spaces: Bei Capri, einst gegründet von Nina Höke und Alexander Sies, zeigt die Berliner Kuratorin Gesine Borcherdt das Video „Pig“ von Michael E. Smith. Schräg gegenüber im Off-Space Good Forever lassen die Düsseldorfer Künstler Ralph Schuster und Lukas Goersmeyer den Ausstellungsraum im Kunstnebel verschwinden. Ganz Mutige steigen die Treppe in den Keller hinab – ein Ausflug ins Nichts.
Auf in die Innenstadt: In der Poststraße unweit vom Carlsplatz zeigt Sies + Höke unter dem Titel „A Flower of Evil“ eine Soloshow des in New York lebenden Kanadiers Marcel Dzama, Jahrgang 1974. Gleich im Entrée zeigt er ein frühes Tableau mit einem unbekleideten Paar, das von einem ausgestopften Fuchs bewacht wird. Sozusagen eine erweiterte Fassung von Marcel Duchamps „Étant donnés“. Außerdem zu sehen: Zeichnungen und Bühnenmodelle, die auf dem Ballett „The most incredible Thing“ basieren, für das Dzama das Bühnenbild und die Kostüme entworfen hat. Ein Höhepunkt der Schau ist ein Karussell mit Blechfiguren im ersten Stock. Die roboterartigen Figurinen drehen sich langsam im Kreis und stolpern dabei aber lautstark über ein Hindernis. Oskar Schlemmers Triadisches Ballett trifft hier auf eine tragikomische Blechbüchsenarmee. (Werke von 10.000 bis 180.000 USD)
Eine Treppe höher zeigt Rupert Pfab die Einzelausstellung „mission drift“ der in Kalifornien lebenden Deutschen Luka Fineisen, Jahrgang 1974. Die in Düsseldorf ausgebildete Bildhauerin arbeitet mit ungewöhnlichen Materialien wie Kunststoffen, Lacken, Aluminumglitter oder Federn. Unter anderem untersucht sie in prägnanten dynamischen Prozessen die trügerischen Verheißungen der Nahrungsmittelindustrie. Ob Eiswaffel, Käse, Bohnen oder Pizza – Luka Fineisen überführt sie in ambivalente Objekte zwischen Verführung und Abstoßung. (Arbeiten zwischen 950 und 12.000 Euro)
Rupert Pfab gilt als genauer Beobachter der Düsseldorfer Szene. Was zeichnet für ihn die Kunststadt Düsseldorf aus? „Die hohe Museumsdichte für zeitgenössische Kunst in Düsseldorf und in den Nachbarstädten, zahlreiche Off-Räume mit experimentellem, innovativem Programm, eine selbstbewusste Künstlerszene, die Kunstakademie sowie die weltweit bekannten Künstler, die hier leben und arbeiten.“ Und zu den Düsseldorfer Sammlern stellt er fest: „Düsseldorf hat eine lange Tradition im Sammeln von Kunst. Es gibt zahlreiche Menschen, die Kunst kaufen und mit Kunst leben. Es gibt eine Reihe von Sammlern, die beachtliche Privatmuseen betreiben. Die Sammlerschaft wächst seit Jahren in die Breite, auch in der jüngeren Generation.“ Gefragt nach dem Vergleich zu Berlin, lobt Pfab die Übersichtlichkeit der lokalen Szene: „Galerien, die beachtet werden, gibt es in Düsseldorf eine Handvoll. In Berlin sind es ungleich mehr, vor allem viele Galerien, die international tätig sind. Dort Aufmerksamkeit seitens der Museen und Sammler zu bekommen, ist ungleich schwerer als in Düsseldorf, wo die Galerienszene überschaubar ist.“