Eine Reise in fremde Weltgegenden kann sehr inspirierend sein. Seit Jahrhunderten begeben sich Forschungsreisende, Schriftsteller und Künstler auf große Tour, um, mit vielen Anregungen im Gepäck, zu Hause zur Höchstform aufzulaufen. Ob Gauguins Aufenthalte in der Südsee, Goethes Italienische Reise oder Alexander von Humboldts Expeditionen nach Südamerika – für derart aufwendige Reisen braucht es allerdings immer eine gewisse finanzielle Förderung, um der Kreativität auf die Sprünge zu helfen.
Von dieser Annahme geht auch der 1986 gegründete Förderverein Neue Kunst in Hamburg e.V. aus. Jedes Jahr wählt ein externer Kurator eine gewisse Anzahl jüngerer Hamburger Künstler aus, die dann eine Reise an einen Ort ihrer Wahl antreten dürfen. Der Verein übernimmt die Reisekosten. Im Anschluss an das Stipendium findet dann eine Ausstellung in den Räumen verschiedener Galerien auf der Hamburger Fleetinsel statt. Dort wurden am vergangenen Donnerstag die fünf Solopräsentationen der Heimkehrer eröffnet. Beworben hatten sich rund 100 Künstler. Die dänische Kuratorin Rhea Dall gab eine nonchalant-informative Führung und erläuterte die Arbeiten.
Los ging es gleich im Erdgeschoss in der Galerie Sfeir-Semler. Die deutsch-vietnamesische Künstlerin Sung Tieu, Jahrgang 1987, begab sich auf Spurensuche in ihrem Heimatland Vietnam. Angeregt von der in Indochina geborenen Schriftstellerin Marguerite Dumas, experimentiert Sung Tieu mit Texten, Filmen, Fotografien und den Klängen des traditionellen Saiteninstruments Dan-Bau. Aufnahmen aus dem während des Vietnamkriegs mit Napalm-Bomben zerstörten Regenwald kontrastiert sie zum Beispiel mit Bildern nackter Haut.
Der 1983 geborene André Mulzer präsentiert, zurückgekehrt aus Portugal, seine bühnenhafte Installation in der Produzentengalerie. Er beschäftigt sich mit den explosiven sozialen Spannungen innerhalb der portugiesischen Gesellschaft und mixt diese mit seinen eigenen Tagträumereien, die ihn in Lissabon überkommen haben.
Die lettische Künstlerin Daiga Grantina, Jahrgang 1985, hingegen spürte einer flüssigen Süßigkeit nach, die in Atlantic City in den USA hergestellt wird. Zu sehen sind ihre Arbeiten aus Elastan ebenfalls in der Produzentengalerie sowie ab dem 27. Januar auch im Kunstverein in Hamburg.
Die Galerien Melike Bilir & Level One präsentieren die Ergebnisse einer Transatlantik-Überquerung von Helena Wittmann, Jahrgang 1982. Für ihre experimentellen Filme und Dokumentationen begab sich die Künstlerin außerdem auf die Nordseeinsel Sylt. Die 1982 geborene schwedische Künstlerin Ida Lennartsson hingegen hat Japan bereist und sich dort mit den langsamen choreografischen Bewegungen des Butoh-Tanzes beschäftigt. Zweites Thema ihrer filmischen und skulpturalen Auseinandersetzung ist eine Krankheit, die sie in Japan befallen hat. Zu sehen in der Galerie Karin Günther.
Wenn einer eine Reise tut…Die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Erleben und Erforschen fern der Heimat trifft gerade in einer Hafenstadt wie Hamburg auf fruchtbaren Boden. Durch das Engagement des Vereins Neue Kunst in Hamburg e.V. wird Jahr für Jahr eine attraktive Künstlerförderung auf hohem Niveau ermöglicht.
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