Auf der Jahrespressekonferenz der Hamburger Kunsthalle erläuterte Direktor Christoph Martin Vogtherr jetzt sein Ausstellungsprogramm für 2018. Gemeinsam mit dem neuen Geschäftsführer Norbert Kölle rechtfertigt er rigide Konsolidierungsmaßnahmen
Zunächst einmal ein Wermutstropfen: Die ursprünglich anvisierte Zahl von 400.000 Besuchern in der Hamburger Kunsthalle wurde 2017 nicht erreicht. Es kamen nur 340.000, davon rund 70% Touristen. Mithin haben gerade einmal 102.000 Hamburger im vergangenen Jahr das größte Museum ihrer Stadt besucht. Grund zur Sorge besteht also. Das noch im November mit 673.000 Euro angegebene Defizit hat sich mittlerweile auf rund eine Million Euro erhöht. Wie Kunsthallen-Geschäftsführer Norbert Kölle erläuterte, entstanden nach der umfangreichen Renovierung 2016 höhere Kosten in den Bereichen Energie, Reinigung und Wachpersonal. Als Sofortmaßnahme wurden im Oktober kurzerhand die Eintrittspreise auf 14 Euro pro Ticket erhöht. Ob diese Maßnahme nicht zu noch geringeren Besucherzahlen führen wird, bleibt abzuwarten.
Kunsthallen-Direktor Christoph Martin Vogtherr gibt sich dennoch verhalten optimistisch. Er setzt im Ausstellungsprogramm für 2018 auf eine Mischung aus Altbewährtem und Neuentdeckungen. Der zuvor in London tätige Museumsmann freut sich besonders auf die erste Einzelausstellung des Briten Thomas Gainsborough in Deutschland, die unter dem Titel „Die moderne Landschaft“ im März startet. Gainsborough gilt als zentrale Figur der englischen Malerei des 18. Jahrhunderts. „Er ist einer, der versucht, die großen Umbrüche seiner Zeit in Bilder zu fassen“, erläutert Vogtherr. Mit Heinrich Reinhold wird ab Dezember ein weiterer Landschaftsmaler gezeigt. An dem weitgehend unbekannten Künstler des 19. Jahrhundert fasziniert Vogtherr „der mikroskopische Blick auf das Kleine, das Großes in sich birgt.“
Um das Bild der Katastrophe seit 1600 geht es dann ab Ende Juni in der Themenausstellung „Entfesselte Natur“. 120 Exponate behandeln Erdbeben, Schiffsuntergänge und Brandkatastrophen. Der Untergang der Titanic wird in der Schau ebenso thematisiert wie die Anschläge von 9/11.
Eine Entdeckung im Bereich Gegenwartskunst wird dann ab November zu sehen sein. Brigitte Kölle kuratiert die Ausstellung „Kamikaze“ mit Werken des früh verstorbenen belgischen Malers Philippe Vandenberg (1952-2009) in enger Zusammenarbeit mit seiner Familie. Vandenbergs teils figurative, teils abstrakte Bilder stoßen häufig an Tabus.
Innerhalb der Triennale der Photographie wird ab Anfang Juni die Gruppenschau „Control | No Control“ zu sehen sein. Hier geht es um Machtstrukturen und Überwachung. Zu erwarten ist also eine aktuelle, politische Ausstellung. Die Sammlungspräsentationen zur Gegenwartskunst „wieder und wider“ und „Honey, I rearranged the collection #3 Bouncing in the Corner. Die Vermessung des Raums“ runden das Ausstellungsprogramm 2018 ab.
Auf die Frage, warum auch 2018 kaum publikumswirksame Highlights zu sehen sein werden, antwortet Christoph Martin Vogtherr recht energisch: „Wir sind ein Museum und kein Ausstellungshaus. Wir haben viel Vertrauen auf die Kraft der ständigen Sammlung.“ Seiner Meinung nach hätten sich die Erwartungen des Publikums geändert. An eine Attraktivitäts-steigerung durch spektakuläre Blockbuster-Ausstellungen namhafter Künstler glaubt er offenbar nicht. Diese würden vielerorts längst nicht mehr die zuvor prognostizierten Besucherzahlen erzielen. Stattdessen rechtfertigt er seinen konservativ-mutlosen Kurs so: „Was Sie sehen, ist keine Sparmaßnahme sondern eine konzeptionelle Positionierung.“
Unverständlich bleibt auch, warum das aktuelle Leitungsduo der seit vielen Jahren chronisch unterfinanzierten Hamburger Kunsthalle lieber den Mangel verwaltet als offensiver um zusätzliche Mittel zu kämpfen. Angesichts unerwarteter Steuermehreinnahmen von 960 Millionen Euro allein für das Jahr 2017 sollte es dabei doch (hoffentlich) beim Senat des reichen Stadtstaates auf offene Ohren stoßen.
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