Kino total in der Kunsthalle Münster. Nach den turbulenten Monaten der Skulptur Projekte und der parallel stattfindenden, hochaktuellen Soloschau von Wu Tsang, die gerade auf die Shortlist des Hugo Boss Prize 2018 des New Yorker Guggenheim Museums gesetzt wurde, setzen Direktorin Gail B. Kirkpatrick und Kurator Marcus Lütkemeyer jetzt ganz auf Entschleunigung. Unter dem Titel „beyond future is past“ sind bis zum 10. März 2018 elf Videos und Kurzfilme von 12 Künstlern zu sehen. Gezeigt werden die meist subjektiv eingefärbten Beiträge nacheinander in einem wöchentlichen Rhythmus. Zu sehen ist also jeweils nur ein Film in einem recht komfortablen kinoartigen Setting, das eigens für die Ausstellung gebaut wurde.
Den Auftakt machte im Dezember der in Berlin lebende Israeli Omer Fast mit seinem 2011 entstandenen Kurzfilm „5000 Feet Is The Best“. Im Mittelpunkt des 30-minütigen Werks steht ein Drohnenpilot, der in einem Hotelzimmer in Las Vegas interviewt wird. Zwischen die sich wiederholenden Szenen mit immer denselben Dialogen montiert Omer Fast fiktive Geschichten von Gewalt, Trickbetrügereien und Kollateralschäden mit zivilen Opfern. Was ist real, was erfunden? Der Zuschauer nimmt die Rolle des irritierten Beobachters ein.
Unter anderem zu sehen war bereits der 39-minütige Film „Gravediggers“ des 1984 geborenen Griechen Janis Rafa, ein bizarres Roadmovie, in dem es um die Abgründe menschlicher und nichtmenschlicher Existenz geht.
In den nächsten Wochen stehen noch Beiträge von Isa Genzken, Stephen G. Rhodes, Josefin Arnell, Ryan Trecartin und Shana Moulton auf dem Programm. Kurator Marcus Lütkemeyer unterscheidet die Filme in eine „analoge“ und eine „digitale“ Gruppe und spürt gleichzeitig der Frage nach, ob solch eine Unterscheidung heute noch relevant ist. Die Ausstellung steht auch im Zeichen der Postdigital- beziehungsweise Postinternet-Kunst und fragt insofern auch nach der Realität des Originals.
Wer mag, kann also den ganzen Winter über jede Woche in die Kunsthalle Münster zurückkehren, um in den vollen Genuss des gesamten Filmprogramms zu kommen und sich so einen guten Überblick über wichtige Tendenzen der aktuellen Videokunst verschaffen. Den Abschluss bildet Ende Februar die Solopräsentation dreier Videos der Medienkünstlerin Shana Moulton, Jahrgang 1976. Doch bereits am kommenden Sonntag, dem 21. Januar um 15 Uhr, wird die kalifornische Künstlerin ihre rund 30-minütige Performance „This organ wants this, that organ wants that“ aufführen. Das Publikum darf gespannt sein, auf Moultons schrille Verkörperung ihres Alter Egos namens Cynthia. Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens bewegt sich die neurotische Hausfrau durch eine bonbonbunte Welt, die von Soap-Operas, Ratgebersendungen und New Age Trips ebenso inspiriert ist wie von der Tradition des künstlerischen Experimentalfilms.
beyond future is past
Kunsthalle Münster
Bis 10.3.2018