International und doch heimatverbunden: Zum Auftakt der 48. Art Cologne gab es zufriedene Gesichter und gute Verkäufe.
Wer etwas verkaufen möchte, sollte sein Angebot möglichst präzise an den Vorlieben der potentiellen Kunden ausrichten. Der New Yorker Galerie David Zwirner, in deren überaus repräsentativen Stand so gut wie jeder direkt hineinläuft, der die diesjährige Art Cologne betritt, ist das zweifellos gelungen. Absoluter Hingucker am Stand ist Martin Kippenbergers 1984 entstandenes Gemälde „Larry Flynt (The Anarchistic Choice), Mephisto Millowitsch“. Das als Diptychon ausgeführte Ölgemälde zeigt zwei sehr unterschiedliche Protagonisten ihrer Zeit in trauter Eintracht: Der amerikanische Porno-König und der Kölner Volksschauspieler haben sich wahrscheinlich nie getroffen. Bei Kippenberger aber werden sie zum transatlantischen Duo Infernale, das die unterschiedlichsten Kaufinteressenten ansprechen dürfte.
Offerten wie diese machen laut Messedirektor Daniel Hug das Erfolgsgeheimnis der Art Cologne aus. Der in Zürich geborene Amerikaner Hug nennt „Qualität, Angebotsvielfalt und Ortsverbundenheit“ als die drei tragenden Säulen der Kölner Messe, deren Leitung er 2008 übernommen hat. In diesem Jahr endlich terminlich abgekoppelt von der sonst parallel stattfindenden Art Brussels, konnte Hug auf der Vernissage am Mittwoch deutsche und internationale Sammler wie Axel Haubrock (Berlin), Harald Falckenberg (Hamburg), Julia Stoscheck (Düsseldorf), Zabludowicz (London) oder Rubell (Miami) gleichermaßen begrüßen.
Die 48. Ausgabe der ältesten Kunstmesse der Welt präsentiert noch bis zum Sonntagabend 221 internationale Galerien aus 25 Ländern. Hugs erklärtes Ziel ist es, „die Kunst von heute in Beziehung zu den Avantgarden von gestern zu setzen.“ Und so muss sich der Besucher entscheiden, ob er zunächst oberen zeitgenössisch orientierten Halle 11.3 oder der eher klassischen, zumindest aber hochpreisigen unteren Halle 11.2 einen Besuch abstattet.
Wer unten anfängt, wird neben David Zwirner auch andere internationale Tophändler wie etwa die Schweizer Galerie Hauser & Wirth oder Annely Juda aus London antreffen. Mit dabei ist auch der in Salzburg und Paris beheimatete Thaddaeus Ropac, der neben Gemälden von Georg Baselitz und Alex Katz auch eine Skulptur des Briten Antony Gormley im Angebot hat. Bei Ropac fällt auch gleich ein Trend ins Auge, der bei einigen Galerien zu beobachten ist. Während vorne die großen musealen Stücke offeriert werden, wird dem weniger gut betuchten Publikum die Möglichkeit geboten, mit nach hinten ins „Kabuff“ zu gehen und dort die kleineren Formate zu bestaunen. Viele der einstigen Depot- und Abstellräume sind zu kleinen Show-Rooms avanciert. Ein gelungenes Gemälde des New Yorker Realisten und Pop-Art-Vorläufers Alex Katz etwa findet sich auch dort – jedoch wesentlich günstiger.
Typisch für die Art Cologne, die immer auch so etwas wie das große Familientreffen der durch den Berlin-Boom ein wenig ins Hintertreffen geratenen rheinischen Kunstszene darstellt, sind auch die Sonderschauen. Besonders spannend und aufschlussreich in diesem Jahr ist die vom Zentralarchiv des internationalen Kunsthandels, ZADIK, ausgerichtete Ausstellung „The Formative Years“ mit Beständen aus dem Privatarchiv des wohl wichtigsten deutschen Kunst-Zampanos: Kasper König. Postkarten, Briefe und Fotografien von 1962 bis 1979 zeigen eindrucksvoll, wie der Ausstellungsmacher König schon als 19jähriger begann, sich nach und nach mit Größen des internationalen Kunstbetriebs wie On Kawara, Carl Andre, Andy Warhol oder Claes Oldenburg freundschaftlich zu vernetzen.
Wer nach Neuentdeckungen Ausschau hält, ist in der oberen, kleinteiligeren Halle gut aufgehoben. 19 von einer Jury ausgewählte junge Künstler werden dort in den „New Positions“ vorgestellt. Und der Sektor „New Contemporaries“ versammelt 30 aufstrebende Galerien aus Berlin, London oder Tel Aviv. Zum ersten Mal in diesem Jahr präsentiert die Art Cologne den Sektor „Collaborations“. Hierfür wurden gemeinsam mit der amerikanischen New Art Dealers Alliance (NADA) Gemeinschafts-stände ausgewählt.
Die Kopenhagener Galerie Bo Bjerggaard zeigt unter anderem das mit bundesdeutscher Geschichte aufgeladene, großformatige Triptychon „Muttertag (9. Mai 1976)“ von Brigitte Waldach. Die Berliner Künstlerin hat die Sternenkonstellation am Tag des Selbstmords von Ulrike Meinhof mit Graphit auf großformatiges Büttenpapier gebracht. Zitate über die RAF-Terroristin sowie Auszüge aus deren Schriften machen die Arbeit zu einem vielstimmigen Historienbild neuen Typs (30.000 Euro).
Einen erfolgreichen ersten Messetag erlebten die Galeristen Philipp Figge und Philipp von Rosen aus Köln. Den Lokalmatadoren mit Dependance in Berlin gelang es, mit Arbeiten von gleich zwei Künstlern die Ankaufskommission des Bundes zu überzeugen. Zwei Papierarbeiten des in Berlin lebenden Deutsch-Spaniers Ignacio Uriarte und geometrische UV-Drucke des erst 28-jährigen Absolventen der Düsseldorfer Akademie, Jonas Maas, kamen so in Bundesbesitz.
Auch die Stuttgarter Galerie Reinhard Hauff meldete gleich am ersten Tag gute Verkäufe. Die politisch aufgeladenen, gleichzeitig cool durchkomponierten Mixed-Media-Warendisplays (60.000 US$) der in New York lebenden Deutschen Josephine Meckseper stießen bereits während der Preview auf sehr großes Interesse. „Ich hätte sie gleich mehrmals verkaufen können“, berichtet Reinhard Hauff.
Der langjährige Teilnehmer der Art Cologne zieht nach dem ersten Messetag eine durchaus positive Bilanz: „Die Art Cologne zieht wieder viel mehr Leute an. Es kommen auch wieder mehr Kunstsammler aus den Nachbarländern, vor allem aus Belgien. Auf der Messe ist Aufbruchsstimmung zu spüren.“ Trotz aller Euphorie: Das rheinische Publikum überwiegt. Aber genau so hat sich Messedirektor Daniel Hug, dem es auch in diesem Jahr gelungen ist, die Art Cologne wieder ein Stück weit mehr zu ihrer alten Stärke zurück zu führen, das auch vorgestellt: „Wir sind schon international, aber mit dem Schwerpunkt Deutschland.“
Auf einen Blick
Messe: Art Cologne. 48. Internationaler Kunstmarkt
Ort: Köln Messe, Eingang Süd, Hallen 11.2 und 11.3
Zeit: bis 13.4.2014, Do bis Sa 12-20 Uhr, So 12-18 Uhr
Katalog: Tempus Corporate Verlag, 646 S., 30 Euro
Internet: www.artcologne.de