Der bisher in London tätige, in Deutschland nahezu unbekannte Kunsthistoriker Christoph Martin Vogtherr ist zum neuen Direktor der Hamburger Kunsthalle ernannt worden – Begeisterungsstürme hat diese Personalie nicht ausgelöst.
Auf diese Entscheidung hat man in Hamburg lange gewartet: Rund zwei Jahre nach Ausschreibung der Stelle ist der bisher in London tätige, deutsche Kunsthistoriker Christoph Martin Vogtherr, 51, jetzt zum neuen künstlerischen Direktor der Hamburger Kunsthalle ernannt worden. Er tritt das Amt am 1. Oktober 2016 an. Vogtherr war seit 2011 Direktor der Wallace Collection in London. Die eher kleine Institution verfügt über eine hochkarätige Sammlung historischer Gemälde, Möbel, Rüstungen und Waffen. Vogtherr gilt zwar als ausgewiesener Kenner der französischen Malerei des 18. Jahrhunderts. Ausstellungen moderner oder zeitgenössischer Kunst allerdings hat er bisher nicht kuratiert.
Hoffnungen der Hamburger Kunstszene, wonach sich mit der Pensionierung des insbesondere dem 19. Jahrhundert verhafteten Hubertus Gaßner das Profil des Hauses spürbar in Richtung Zeitgenossenschaft verjüngen würde, haben sich insofern nicht erfüllt. Die Findungskommission mit Kultursenatorin Barbara Kisseler an der Spitze war offenbar nicht daran interessiert, einen ausgewiesenen Experten im Bereich der Gegenwartskunst nach Hamburg zu holen. Andere Großstädte haben da weitaus mehr Mut.
Das Haus der Kunst in München etwa steht seit 2011 unter der Führung des Ex-Documenta-Leiters Okwui Enwezor – und es glänzt mit einem dichten Programm aus Ausstellungen, Vorträgen, Workshops und Künstlergesprächen. Auch andere Häuser setzen mit ihrer Agenda dezidiert gegenwartsnahe Impulse, so etwa die Frankfurter Schirn, das Museum Folkwang in Essen oder die Düsseldorfer Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen. Dass ein anspruchsvolles Ausstellungsprogramm nicht kostenlos zu haben ist, versteht sich dabei von selbst.
Vogtherr jedoch will vorwiegend mit der Sammlung arbeiten. Er sieht darin: „Nicht nur eine Reaktion auf finanzielle Probleme, sondern eigentlich auch eine Rückbesinnung auf die Hauptaufgabe des Museums.“ Damit erfüllt er allzu bereitwillig eine Forderung, die seit Jahren immer wieder von der Hamburger Politik gestellt wurde.
Immerhin: Christoph Martin Vogtherr gilt als umgänglicher, kollegialer und für Neues offener Museumsdirektor. Gegenüber dem NDR sagte er: „Das Museum muss Diskussionen führen, die für die Öffentlichkeit relevant sind“. Das lässt dann doch hoffen, dass er sich dem Stillstandsdiktat des Hamburger Senats nicht komplett unterordnet und den hoch spezialisierten Kuratoren am Haus auch in Zukunft den nötigen Spielraum geben wird, neue und spannende Sonderausstellungen zu entwickeln.