Schon der Einstieg war vom Feinsten: Die Galerie Esther Schipper eröffnete bereits am Donnerstagabend, also schon vor dem offiziellen Auftakt des am Sonntag zu Ende gegangenen 13. Gallery Weekends Berlin, ihre neuen, großzügigen Räume auf dem ehemaligen Verlagsgelände der Zeitung „Der Tagesspiegel“ in der Potsdamer Straße mit einem exklusiven Cocktail-Empfang. Champagner und überaus ästhetische Häppchen, eingebettet in essbare Miniaturlandschaften, die mit den Kunstwerken der beiden Hauskünstler Anri Sala und Angela Bulloch um Aufmerksamkeit konkurrierten – da fühlte sich die aus aller Welt angereiste Sammlerklientel sofort wohl. Ob die Rubells aus Miami, die Horts aus New York oder Patrizia Sandretto Re Rebaudengo aus Turin: Eben noch auf der Art Cologne unterwegs, reichten sich die Topsammler jetzt auf dem Gallery Weekend die Hand. Schnell sprach sich herum, welche Stationen auf der Zickzacktour durch die Hauptstadt zu den absoluten Musts zählten.
So zum Beispiel die zeitmaschinenartige Installation „Linienstr. 35“ von Robert Kusmirowski in der Galerie Zak|Branicka. Der Pole greift die Geschichte des Galeriengebäudes auf, das vor dem Zweiten Weltkrieg die Zentrale der Lufthansa beherbergte. Kusmirowski hat in nur drei Wochen Aufbauzeit eine komplette Lufthansa-Reiseagentur im Stil der frühen 1930er Jahre nachgebaut – die Galeristinnen und Mitarbeiter waren ebenfalls im Stil der Zeit gestylt, ein Hingucker mit einer bitteren Note – versetzt der Künstler doch sein Publikum an den Vorabend des Dritten Reichs. Ein paar Treppen höher dann in der Galerija Gregor Podnar die Ausstellung „Elvira“ von Ariel Schlesinger: Explodierende Seifenblasen und angekokelte Leinwände. Der Israeli spielt in seinen Bildern und Installationen buchstäblich mit dem Feuer.
Ein paar Straßen weiter bei Carlier|Gebauer dann eine Solo-Show mit Skulpturen und Holzschnitten von Thomas Schütte. Für die interessierte sich offenbar auch der Schweizer Sammler Ueli Sigg, der den chinesischen Künstler Ai Weiwei im Schlepptau hatte. Großer Andrang auch in der Ex-Kirche St. Agnes, wo die König Galerie ihren neu geschaffenen Skulpturengarten mit beeindruckenden Werken von Tatiana Trouvé, Michael Sailstorfer, Elmgreen & Dragset oder Camille Henrot präsentierte. Oben in der Galerie dann die Ausstellung „Eight Miles High“ von Anselm Reyle mit gigantischen Windspielen aus zerschnittenen Aluminiumplatten, die an der hohen Decke rotierten. Angeblich gab es an diesem Wochenende schon ernsthafte Kaufinteressenten für diese raumfüllenden Werke, die wohl eher in ein Hochhausfoyer als in ein gewöhnliches Privathaus passen.
Liebhaber der Fotokunst konnten dann in der Galerie Taik Persons eine ganz besondere Entdeckung machen. Timothy Persons präsentierte frühe Werke des kalifornischen Konzeptfotografen Grey Crawford, die bisher noch nie gezeigt worden sind. Die Ausstellung „Fishing Bones“ versammelt extrem brillante Schwarz-Weiß-Abzüge aus dem Los Angeles der 1970er Jahre auf einer dezent farbig gehaltenen Wandgestaltung. Ein im Kerber Verlag erschienener Fotoband begleitet die sehenswerte Schau.
Ein weiterer Geheimtipp dann in der Galerie Barbara Wien: Sie zeigte in einer ersten Einzelausstellung unter dem Titel „Endnote, tooth“ den britischen Künstler Ian Kiaer. Der Konzeptkünstler bezieht sich in seinen vielschichtigen, zwischen Objet trouvé und poetischer Aufladung changierenden Arbeiten auf die beiden Architekten Friedrich Kiesler und Moshe Safdie.
Zum festen Bestandteil des Gallery Weekends gehören aber auch Performances, Künstlergespräche und Diskussionen. So fand etwa in der Galerie Eigen+Art am Samstagmittag ein gut besuchtes Künstlergespräch statt. Hans Ulrich Obrist und Olaf Nicolai interviewten den fast 90-jährigen Künstler Karl-Heinz Adler. Der Dresdner hat als einer der wenigen DDR-Künstler konsequent abstrakt und konkret gearbeitet. Jetzt wird sein überaus modern wirkendes Werk von wichtigen Kuratoren wiederentdeckt. Adler signierte im Anschluss fleißig seinen aktuellen Katalog mit Beiträgen von Obrist und Nicolai.
Kein Geheimtipp mehr, aber ein Meister der perfekten Inszenierung ist Andreas Slominski. Der Berliner Künstler zeigte bei der Galerie Neu in der Linienstraße seine Ausstellung „transhumanistisch“. Das Ausgangsmaterial für seine skulpturalen und reliefartigen Objekte bilden die Kunststoffpaneele profaner, farbiger Klohäuschen, wie man sie von Baustellen, Musikfestivals und Sportveranstaltungen kennt.
Am Sonntagabend um 19 Uhr war dann endgültig Schluss. Nach zahlreichen Vernissagen, Dinners, Gesprächen, Book Signings, Performances und VIP-Touren ist das 13. Gallery Weekend mit rund 25.000 Besuchern zu Ende gegangen. 1.200 nationale und internationale Sammler waren eingeladen, 47 Galerien nahmen offiziell teil, dazu kamen die vielen Berliner Galerien, die ebenfalls geöffnet hatten. „Das Gallery Weekend ist das schönste Kunstwochenende im Jahr“, resümieren die Galeristen Friedrich Petzel und Gisela Capitain. „Die teilnehmenden Galerien zeigen einzigartige Ausstellungen, das Engagement und die Kollaboration der Berliner Museen ist ebenso bemerkenswert. Sammler fühlen sich besonders in der Stadt willkommen.“