Die Ausstellung „Gute Aussichten Deluxe. Junge deutsche Fotografie nach der Düsseldorfer Schule“ im Hamburger Haus der Photographie zeigt jetzt 25 herausragende Fotografen, die aus den ersten 14 Jahren des Hochschulwettbewerbs hervorgegangen sind. Das Spektrum fotografischer Ausdrucksformen hat sich mit den Jahren enorm erweitert
Es ist schon Tradition, dass die 2004 aus einem Hochschulwettbewerb hervorgegangene Fotoausstellung „Gute Aussichten“ Jahr für Jahr zu Gast im Haus der Photographie in den Hamburger Deichtorhallen ist. Die Zusammenarbeit zwischen der Gründerin der Initiative, der Kunsthistorikerin Josephine Raab, und Deichtorhallen-Kurator Ingo Taubhorn funktioniert offenbar bestens. 122 junge, preisgekrönte Fotografen, allesamt Absolventen von deutschen Hochschulen, wurden hier bisher gezeigt. Für viele von ihnen ist die Teilnahme an „Gute Aussichten“ ein wichtiges Sprungbrett in den Ausstellungsbetrieb und den Kunstmarkt.
Für die aktuelle Jubiläumsschau „Gute Aussichten Deluxe“ hat Josephine Raab 25 herausragende Positionen unter den Teilnehmern ausgewählt. „Es geht darum, zu zeigen, wer sich im Verlauf der Jahre weiter positioniert hat“, sagt sie. „Der Weg ist steinig, und der Weg ist weit. Oberste Kriterien für die Auswahl sind jedoch die Qualität, die Handschrift, die Autorschaft und die Beharrlichkeit.“
Josephine Raab redet ungern von Trends innerhalb der jungen deutschen Fotografie, sie bevorzugt den Ausdruck Wellen-bewegungen. In der Nachfolge der international erfolgreichen Düsseldorfer Becher-Schule, die Fotografie seit Ende der 1970er Jahre als unparteiisches Medium der Beobachtung begreift, ist die heutige Fotografie vielfältiger denn je. Sie erweitert sich Richtung Malerei, Skulptur, Video und Installation. Ob digital oder analog, Dokumentation oder Inszenierung – „Gute Aussichten“ versammelt Beispiele aus der gesamten Bandbreite des Mediums und ist seit 14 Jahren besonders beliebt bei einem jungen Publikum, wie Ingo Taubhorn betont.
Was ist in der Deluxe-Ausgabe zu sehen? Die in Berlin lebende Schwedin Nadja Bournonville, Jahrgang 1983, zeigt die analoge Serie „Blindfell“, die in Deutschland, Japan und auf den Lofoten entstanden ist. „Man erkennt nicht die spektakulären Orte an diesen Bildern“, sagt sie. Es geht um die drei Themenbereiche Augenheilkunde, die Mythen des Sehens und um analoge Fotografie. Die Schwarz-Weiß-Aufnahme eines Pferdes mit Augenbinde etwa gibt Rätsel auf.
Die Berlinerin Rebecca Sampson, Jahrgang 1984, hingegen hat sich in einer fast wissenschaftlichen Herangehensweise mit der prekären Existenz indonesischer Hausmädchen in Hongkong beschäftigt. Die unwürdige Lage der jungen Frauen, die häufig auf schmalen Matratzen neben der Waschmaschine schlafen müssen und in ihrer spärlichen Freizeit ein Parallelleben auf Facebook führen, untersucht Sampson in verschiedenen Medien.
In ihrem fünfteiligen Forschungsprojekt „Expanded Pictures“ thematisiert die Berlinerin Sarah Strassmann, Jahrgang 1980, den Stellenwert der Fotografie in Zeiten von Smartphones und Social Media. Körpererweiterungen wie Selfie-Stangen, ein Archiv mit Postkarten von 4000 „Duckface“-Aufnahmen junger Frauen oder das Interaktionsangebot an Besucher, die ihr eigenes Selfie zum Teil der Ausstellung machen können, loten aktuelle Handlungsgefüge des Mediums Fotografie aus, die Sarah Strassmann heute eher als performativ und nicht mehr als dokumentarisch begreift.
Eine überaus politische Arbeit stammt von der Leipzigerin Luise Schröder, Jahrgang 1982, die sich in ihrem 2013 entstandenen Film mit der Gedächtnispolitik anhand der Einweihung des Berliner Mahnmals für die Ermordung der Sinti und Roma von Dani Karavan beschäftigt. Hier geht es um Anwesenheit und Abwesenheit und um den medialen Umgang mit einem Erinnerungsort, den rechte Kreise am liebsten verhindert hätten. „Die Arbeit soll Anlass bieten, sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen“, sagt die Künstlerin Luise Schröder
Ab Mitte Februar wird die Deluxe-Ausgabe der „Guten Aussichten“ dann noch um die aktuelle Ausstellung des Fotowettbewerbes 2017/18 mit acht neuen Positionen ergänzt. Im Hamburger Haus der Photographie steht die junge deutsche Fotoszene dann bis Mitte Mai im Zentrum des Interesses.
Auf einen Blick:
Ausstellung: Gute Aussichten Deluxe. Junge deutsche Fotografie nach der Düsseldorfer Schule
Ort: Haus der Photographie in den Hamburger Deichtorhallen
Zeit: 26.1.-21.5.2018, Di-So 11-18, jeden 1. Do im Monat 11-21 Uhr
Katalog: Magazin, 139 S., 10 Euro
Internet: www.deichtorhallen.de
www.guteaussichten.org