Black Box statt White Cube. Schummrige Atmosphäre herrscht zur Zeit im Drawing Room Hamburg. Wo sonst bei meist taghellem Licht Bilder, Skulpturen oder Installationen ausgestellt werden, läuft zur Zeit der 16-minütige Film „A Tall Tale“ (2016/17) der in Berlin lebenden französischen Künstlerin Maya Schweizer, der bereits im Forum Expanded auf der letzten Berlinale zu sehen war. Die weltweit auf Filmfestivals und im Ausstellungsbetrieb präsente Filmemacherin ist dafür bekannt, in ihren Arbeiten selbst inszeniertes Aufnahmen mit gesampelten Bildern geschickt zu verweben.
So auch dieses Mal. Der atmosphärisch dichte, von einem beunruhigenden Soundtrack unterlegte Film nimmt den Betrachter, ausgehend von Schauermärchen der Romantik und Gruselgeschichten des alten Irland, mit in die Welt des Suspense. Der Turm der normannischen Burgruine von Askeaton aus dem 13. Jahrhundert, ein unruhig mit den Hufen scharrendes Pferd, krächzende Raben, noble Herrschaften, die sich zu geheimnisvollen Séancen zusammenfinden – all dies miteinander montiert, schafft eine faszinierende Stimmung zwischen Traum und Wirklichkeit. Andeutungen und Anspielungen mischen sich mit wiedererkennbaren Filmschnipseln, etwa aus dem 1960 entstandenen Film „Die Verfluchten – Untergang des Hauses Usher“ sowie anderen Psycho-Thrillern und Film Noir-Klassikern. Aberglaube und Magie, aber auch philosophische Welterklärungsmodelle sowie literarische und filmische Untergangsfantasien verwebt Maya Schweizer zu einem filmischen Amalgam voller Rätsel und Uneindeutigkeiten. Es lohnt sich, „A Tall Tale“ mehrmals zu betrachten, allein schon, um nach und nach um die vielen kleinen Details sowohl auf der Bild- als auch auf der Tonebene zu entdecken.
Maya Schweizer wurde 1976 in Paris geboren. Sie studierte zunächst Kunst und Kunstgeschichte an der Universität von Aix-en-Provence. Nachdem sie dann in Leipzig an der Hochschule für Grafik und Buchkunst studiert hatte, wurde sie Meisterschülerin von Lothar Baumgarten an der Universität der Künste in Berlin, wo sie ihr Studium im Jahr 2007 abschloss. Maya Schweizer hatte bereits Einzelausstellungen in mehreren deutschen Kunstvereinen, so zuletzt auch im Kunstverein Leipzig. Vielfach wurden ihre Arbeiten ausgezeichnet. 2006 erhielt sie das Stipendium der Villa Aurora in Los Angeles. Zur Eröffnung der Ausstellung im Drawing Room führte die Direktorin des Kunstvereins in Hamburg, Bettina Steinbrügge, ein Künstlergespräch mit Maya Schweizer. Einen Einblick in Maya Schweizers Arbeit können noch Kurzentschlossene erlangen: Der Film „A Tall Tale“ ist noch bis zum 8. Februar im Drawing Room Hamburg zu sehen.
Auf einen Blick:
Ausstellung: Maya Schweizer. A Tall Tale
Ort: Drawing Room Hamburg
Zeit: bis 8.2.2018, Di-Do 12-19 Uhr und nach Vereinbarung
Internet: www.drawingroom-hamburg.de