Die Entdeckermesse Art Brussels lockte zu ihrem 50. Jubiläum viele internationale Top–Sammler in die europäische Metropole. Eine kleine Bilanz
Exzellente Stimmung herrschte am vergangenen Wochenende bei nahezu hochsommerlichen Temperaturen auf der 50. Ausgabe der Art Brussels. 24.000 Besucher konnten bis zum Sonntagabend gezählt werden. Allein 46 Freundeskreise von Museen und internationalen Kunstinstitutionen, unter anderem vom Centre Pompidou, dem Louvre, der Royal Academy of Arts, dem Amsterdamer Stedelijk Museum und dem Rotterdamer Witte de With waren angereist. Ebenso wie etliche bekannte Privatsammler, darunter die US-Amerikaner Don und Mera Rubell sowie Michael und Susan Hort, die Turinerin Patrizia Sandretto Re Rebaudengo und die Londonerin Anita Zabludowicz. Hinzu kamen natürlich nahezu alle großen belgischen Sammler, die für ihre profunden kunsthistorischen Kenntnisse und ihren bisweilen eigenwilligen, vom internationalen Mainstream selbstbewusst abweichenden Geschmack bekannt sind.
In den tageslichtdurchfluteten Hallen des Tour & Taxis Areals unweit der Brüsseler Innenstadt kam das Angebot der Jubiläumsausgabe der Art Brussels gerade bei den auf Neu- und Wiederentdeckungen spezialisierten Käufern gut an.
In der Messesektion Prime präsentierte die Brüsseler Galerie Greta Meert eine repräsentative Auswahl an brandneuen, aber auch älteren Arbeiten der Biennale Venedig-Teilnehmerin Edith Dekyndt. Die 1960 geborene Belgierin ist bekannt für die formale Reduziertheit ihres künstlerischen Vokabulars. Mit einfachen, oft experimentellen Eingriffen erzielt sie verblüffende Effekte. Sie erforscht Materialien und deren Eigenschaften, indem sie diese subtilen Veränderungsprozessen unterzieht. So hat sie aus einem vorgefundenen Sesselpolster-Stoff in sorgfältiger Handarbeit eigenhändig alle horizontalen Webfäden entfernt und so ein quasi abstraktes Bild erzeugt. Ein anderes Bild hat sie Zersetzungsvorgängen ausgesetzt, indem sie es eine Zeit lang vergraben hat. Die Arbeiten von Edith Dekyndt wurden zu Preisen zwischen 12.000 Euro und 35.000 Euro angeboten.
Xavier Hufkens, ebenfalls ein Big Player in Brüssel, gewann den Preis für den besten Solo Stand mit einer Einzelpräsentation des stark nachgefragten Schweizer Malers Nicolas Party, Jahrgang 1980. Alle Werke von Nicolas Party waren innerhalb der ersten Messestunde zu Preisen zwischen 50.000 und 70.000 Euro ausverkauft.
Die Wiener Galerie Raum mit Licht überzeugte mit ästhetisch reduzierten Arbeiten der seit langer Zeit in Wien lebenden Deutschen Andrea van der Straeten. Die 1953 geborene Professorin an der Kunstuniversität Linz untersucht in verschiedenen künstlerischen Medien feministische, genderspezifische, autobiografische und politische Themen. In Brüssel am Stand waren drei monochrome Lasercuts mit literarischen Textfragmenten aus der Serie „Just a Minute…“ sowie die dreiteilige Schwarz-Weiß-Fotografie „MOVIEng“ aus dem Jahr 1990 zu sehen. Diese ist während eines New York-Aufenthalts entstanden. Sie zeigt die damaligen Nachbarn der Künstlerin beim täglichen Ritual des liebevollen Ein- und Auspackens ihres mit einer Plane versehenen Straßenkreuzers. Die Lasercuts wurden für jeweils 2.200 Euro in einer Auflage von 2 + 1 AP angeboten. Der auf Aluminium montierte Baryt-Abzug der dreiteiligen Fotografie ist ein Unikat und kostet 15.000 Euro.
Überaus zufrieden zeigte sich die Basler Galeristin Anne Mosseri-Marlio, die sich mit ihrer Präsentation auf zwei Künstler, den US-Amerikaner Larry Bell und den Japaner Minoru Onoda, konzentriert hat. Gleich fünf historische Werke von den beiden Künstlern konnte die Galeristin in Brüssel verkaufen. Über die Messe sagt sie: „Die Art Brussels wartet immer mit einer bunten Sammlermischung auf. Deshalb haben wir auch versucht, eine Präsentation zusammenzustellen, die für jeden Geschmack etwas bietet.“
Der 1939 geborene Westcoast-Minimalist Larry Bell war mit einigen seiner „Mirage Works“ vertreten. In einem komplizierten Verfahren unterzieht er pigmentbeschichtete Filmfolien und Papiere einer Vakuumierung und erzeugt so irisierende Farbeffekte. Die Arbeit „Mirage Work R27“ aus dem Jahr 2007 im Format 40 x 40 Inch wurde für 65.000 US-Dollar angeboten. Von Minoru Onoda (1937-2008), der zeitweise der japanischen Avantgarde-Bewegung „Gutai Group“ angehörte, waren hingegen minimalistische Acrylbilder mit Kreisformen aus den 1970er Jahren am Stand (50.000 US-Dollar bis 70.000 US-Dollar).
In der auf junge Kunst spezialisierten Messesektion Discovery wurde die Art Brussels einmal mehr ihrem Ruf als Entdeckermesse gerecht. Hier zeigte die Zürcher Galerie Barbara Seiler den erst 26-jährigen niederländischen Shooting-Star Bob Eikelboom mit überaus vielschichtigen, sehr eigenwilligen Gemälden. Der Clou: Eikelboom appliziert dünne, bemalte und collagierte Magnete auf seine Bilder, die ein zukünftiger Käufer dann theoretisch auch versetzen könnte.
Die Hamburger Galerie Conradi stieß beim Brüsseler Publikum mit ihrer Einzelpräsentation von Suse Bauer auf große Resonanz. Die heute in Hamburg lebende Künstlerin wurde 1979 in Erfurt geboren. In ihren Ölzeichnungen, Fotoarbeiten und Keramiken nimmt sie die Formensprachen des Konstruktivismus und der Nachkriegsmoderne auf und variiert sie zu neuen Bildfindungen. Ihre 2017 entstandenen Ölzeichnungen im Format 100 x 70 cm wurden für jeweils 3.300 Euro in Brüssel angeboten. Fotoarbeiten kosteten zwischen 3.900 Euro und 9.800 Euro. Die Preise für Suse Bauers Keramikarbeiten liegen zwischen 2.500 Euro und 5.000 Euro.
Die junge Berliner Galerie Exile & Polansky präsentierte sich ebenfalls in der Sektion Discovery mit Videoarbeiten und hybriden, an Ladenfronten erinnernden Wandobjekten des 1984 geborenen tschechischen Künstlers Martin Kohout ganz vorn am Puls der Zeit.
Die von Elena Sorokina kuratierte Sonderausstellung der diesjährigen Art Brussels versammelte unter dem Titel „Mystic Properties“ Arbeiten von rund 40 Künstlern, die sich auf den 1432 entstandenen Genter Altar von Jan und Hubert Van Eyck und seine bewegte Geschichte beziehen. Der Genter Altar war über Jahrhunderte hinweg das Objekt der Begierde von Königen, Staatsoberhäuptern, Diktatoren und vermögenden Privatpersonen. Die Geschichte seiner Besitzerwechsel wurde in der unaufgeregt präsentierten Ausstellung von den Künstlern in den unterschiedlichsten Medien reflektiert.
Für gutes Bier, belgische Pommes und Street Food war auf der stark frequentierten Belgian Beer Terrace gesorgt. Jubiläumstimmung in Brüssel – hier wurden der Blick für das Besondere und die Sammelleidenschaft für die kleinen und großen Dinge mit belgischer Nonchalance zelebriert. Gerade das macht diese Messe Jahr für Jahr wieder so sympathisch.
Auf einen Blick:
Messe: 50. Art Brussels
Ort: Tour & Taxis, Avenue du Port 86 c, 1000 Brussels
Zeit: bis 22. April 2018
Katalog: 468 Seiten für 20 Euro
Internet: www.artbrussels.com
Nächster Termin: 26.–28. April 2019, Preview (nur auf Einladung): 25. April 2019