Der New Yorker Fotograf Ahron Moeller ist ein feinsinniger Chronist unserer Zeit. Exklusiv für DARE präsentiert er uns nun die zweite Folge seines fotografischen Tagebuchs in Zeiten der Corona-Pandemie
This scene in New York is a bit depressing-without the smell of the restaurants – without the clank of the glasses.
The rats are starting to die, with no one to clean up the smell-only to be balanced with the sweet spring time air- the flowers are beginning to bud.
What a great time for a bike ride.
The subways are unsafe. The homeless and the insane awake without warning. Hygiene is the new style.
The feeling of New York going back to the 1980s can be seen – history through the cracks in the frame.
A city with out people is hardly a city at all.
Ahron Moeller New York City, April 15th 2020
Nichts ist so wie es war. Noch vor ein paar Monaten gaben hippe Musiker auf den Dachterrassen von Brooklyn Spontankonzerte für ihre Freunde. Manager in Maßanzügen und toughe Ladys in Business-Kostümen eilten durch die Straßen von Midtown Manhattan, Schulkinder trafen sich auf ein Eis im Central Park, in den Galerien von Chelsea hetzte die Kunstszene von einem Opening zum nächsten, und eine schier unendliche Menschenmenge von Städtetouristen, Flaneuren und eingefleischten New Yorkern versammelte sich Tag für Tag am Times Square.
In diesen Tagen, im April 2020, kurz nach Ostern und Pessach, entdeckt man pure Panik und schiere Verzweiflung auf den Gesichtern der Bewohner Manhattans. Schutzmasken gehören in Zeiten der Corona-Pandemie ebenso zum Alltagsbild wie leergefegte Straßen, improvisierte Zeltkrankenhäuser und Absperrbänder der Polizei. Die Menschen in New York sind nicht mehr so ausgehfreudig wie vor der Krise, sie streben nicht mehr vorrangig nach Glück und Wohlstand, wie es ihnen der amerikanische Traum verspricht. Vielmehr kämpfen sie jetzt vor allem um ihre Gesundheit, ja, ums nackte Überleben.
Doch es wäre nicht New York, wenn da nicht auch ein Fünkchen Hoffnung wäre. Zarte Knospen im Frühlingslicht, eine Narzisse, eingeklemmt zwischen den Absperrgittern der Polizei. Auf einer der Aufnahmen ist hinter einem Schleier von Regentropfen das Wort „Hope“ in Downtown Manhattan zu lesen. Es handelt sich um eine Skulptur von Robert Indiana (1928-2018) aus dem Jahr 2008, mit der der Pop Art-Künstler damals die Wahlkampfkampagne von Barack Obama unterstützt hatte. Der New Yorker Fotograf Ahron Moeller hat dieses „One-Word-Poem“, wie Indiana seine Skulpturen nannte, als Sinnbild eines leisen Optimismus in diesen Tagen mit seiner Kamera eingefangen.
Ahron Moeller nimmt uns mit auf seinen fotografischen Streifzug durch Manhattan und zeigt uns sein ganz persönliches Tagebuch in Zeiten des Coronavirus. Exklusiv für DARE stellt er uns nun eine weitere Auswahl seiner besten Momentaufnahmen zur Verfügung. Seine poetisch-lakonischen Bildtitel verleihen den Fotografien im Stil der Street Photography eine erzählerische Note. Begleitend zu seinem Fototagebuch hat Ahron Moeller für uns auch ein paar ganz persönliche Gedanken zur Zeit formuliert. New York in Zeiten von Corona – Bilder der Krise und der Hoffnung.
Nicole Büsing & Heiko Klaas 16. April 2020