• Kunst & Überdies
    • Ausstellungen
    • Fotografie
    • Design & Architektur
    • Film
    • Theater & Bühne
  • Künstlerporträts
  • Digitales Leben
  • Gedanken zur Zeit
  • Über DARE
    • Redaktion & Kontakt
    • Ausgaben
  • Kunst & Überdies
    • Ausstellungen
    • Fotografie
    • Design & Architektur
    • Film
    • Theater & Bühne
  • Künstlerporträts
  • Digitales Leben
  • Gedanken zur Zeit
  • Über DARE
    • Redaktion & Kontakt
    • Ausgaben

Ein Skeptiker geht von Bord

02.11.21  Von Nicole Buesing und Heiko Klaas


Ironischer Fährtenleger: Die Hamburger Kunsthalle widmet dem Maler Werner Büttner, der nach 32 Jahren Professur an der HFBK in den Ruhestand geht, eine große Einzelausstellung

 

Werner Büttner (*1954)
Graue Mädchen vor phallischer Form, 2018
Öl auf Leinwand, 150 x 120 cm
© VG Bild-Kunst, Bonn 2021
Foto: Egbert Haneke

Ein bisschen fühlte es sich an wie ein Klassentreffen. Zur Eröffnung der Ausstellung „Last Lecture Show“ von Werner Büttner in der Hamburger Kunsthalle waren alle gekommen, die sich dem langjährigen Professor für Malerei und Zeichnung an der Hochschule für Bildende Künste (HFBK) in Hamburg verbunden fühlten: aktuelle und ehemalige Studierende, darunter heutige Stars wie Jonathan Meese, etliche Professorenkolleg:innen, der Hochschulpräsident Martin Köttering, Galerist:innen, Kritiker:innen und nicht zuletzt auch sein enger Freund, der Hamburger Sammler Harald Falckenberg, mit dem Werner Büttner zeitweilig sogar eine Männer-WG bewohnte.

 

Werner Büttner (*1954)
Büttner geht von Bord, 2020
Öl auf Leinwand, 190 x 190 cm
© VG Bild-Kunst, Bonn 2021
Foto: Egbert Haneke

 

Die Schau, die sich ausdrücklich nicht als Retrospektive versteht, ist in enger Kooperation zwischen der Hamburger Kunsthalle und der HFBK entstanden. Nach 32 Jahren Lehrtätigkeit geht Werner Büttner jetzt in den Ruhestand. Und selbst diesen hat er bereits 2020 auf dem Gemälde „Büttner geht von Bord“ malerisch antizipiert. Das 190 x 190 cm messende Werk zeigt – für Kenner des Ortes durchaus wiedererkennbar – einen Blick von der Aula ins Treppenhaus der Hochschule. Darin einsam die Treppe hinabschreitend die scherenschnittartige Silhouette des Künstlers samt Bauchansatz und leicht gekrümmtem Rücken. Wie schon auf so vielen Selbstdarstellungen zuvor, geht Büttner auch hier keinesfalls schmeichelhaft oder heroisierend mit seinem eigenen Konterfei um.

 

Dass er sich, entbunden von seinen Lehrverpflichtungen, von nun an brav zurücklehnen und in seinem geräumigen Domizil, einem ehemaligen Hotel in Geesthacht an der Elbe, Bio-Gemüse anbauen wird, darf jedoch bezweifelt werden. Werner Büttner ist nach wie vor künstlerisch tätig. Und seine stets gut beobachteten, teils humorvollen, aber oft auch bissigen Kommentare auf die Unzulänglichkeiten und Torheiten der Menschheit und des Individuums (sich selbst inbegriffen) wird er sich wohl nicht so schnell verkneifen. Seine unverwechselbaren Bilder sind seit einer ersten Ausstellung in London 2015 auch weltweit gefragt, sie werden auf internationalen Messen gezeigt und erfreuen sich mittlerweile gerade bei Sammlern im angelsächsischen Raum sehr hoher Beliebtheit.

 

Werner Büttner (*1954)
Whirling Weltgeist, 2020
Öl auf Leinwand, 190 x 150 cm
© VG Bild-Kunst, Bonn 2021
Foto: Egbert Haneke

 

Das hätte sich der junge, rebellische Büttner, Jahrgang 1954,   nicht unbedingt träumen lassen, als er von Jena über München und Berlin Ende der 1970er Jahre nach Hamburg kam und als Autodidakt ersten Kontakt zur Kunstwelt aufnahm. Schnell landete er in einer Künstlerclique um Martin Kippenberger und Albert Oehlen. Die jungen Maler suchten die Nähe zum Punk und zur Subkultur. Sie praktizierten eine oftmals provokante Kunst, die sich mit übersprühendem Selbstbewusstsein von der damals angesagten intellektuellen Konzeptkunst absetzte. Sie propagierten die Rückkehr zur Malerei. Jedoch unter den Vorzeichen einer spöttischen Antiästhetik, die gerne auch als „Bad Painting“ bezeichnet wird: bewusst lässig ausgeführt und oftmals angereichert mit einer alle bürgerlichen Konventionen verhöhnenden Motivik und einem kühnen Sprachwitz, der sich in Titeln und typografischen Bildelementen niederschlug. Der Kunstbetrieb hatte für derlei ungestüme Eskapaden dann auch schnell ein pointiertes Etikett parat: „Neue Wilde“.

 

Werner Büttner war da mittendrin. Seine Gemälde, Zeichnungen und Collagen sind von Anfang an eher figurativ als abstrakt. Und die Sprache spielt bis heute eine zentrale Rolle. Das wird insbesondere auf den zahllosen Collagen deutlich, die jetzt in Hamburg zu sehen sind. Gerade in dieser kleinen Form läuft Büttner oftmals zu großartig absurden und rätselhaften Bild- und Worterfindungen auf. „Goethe, seine Rezeption beschmunzelnd“ zeigt den an einer Landstraße stehenden Dichter, während im Hintergrund ein Motorrad vorbei knattert. Und unter das Bild eines frisch frisierten Königspudels vor einer mit Gartenleuchten illuminierten Rasenfläche schreibt er ganz lapidar „Rätselhaftes Menschenwerk“.

 

Werner Büttner (*1954)
Chor der Jasager, 2017
Collage, 32 x 24 cm
© VG Bild-Kunst, Bonn 2021
Foto: High-Res-Scans DTA

 

Die Hamburger Schau versammelt rund 170 Gemälde und Collagen, angefangen in den frühen 1980er Jahren bis hinein in die unmittelbare Gegenwart. Sie gliedert sich in neun Themenräume. Werner Büttner hat dafür pointierte Überschriften gefunden: Aus dem Leben der Götter/Aus dem Leben der Loser, Flucht ins Duett, Geworfenheit, Parallelkreaturen, Prägende Verehrung, Sanatorium und Unvernunft.

 

Für die ungewöhnlich enge Hängung haben sich Kunsthallendirektor Alexander Klar und Werner Büttner gemeinsam entschieden. So ist maximal viel auf der Ausstellungsetage untergebracht, sozusagen Büttner total. Die tägliche Unausweichlichkeit des Daseins, die großen Versprechungen und Behauptungen der Kunst, das Abarbeiten an malenden Vorläufern, das eigene Künstlertum, die Kindheit in der DDR, Religion, Philosophie, Sexualität, die romantische Liebe, Paarbeziehungen, das Zuhause als vermeintliche Trutzburg gegen die feindliche Außenwelt, unser ambivalentes Verhältnis zu den Tieren. Die Liste der büttnerschen Bildthemen ließe sich noch weiter fortsetzen. Vielleicht ist eine gesunde Skepsis allem und jedem gegenüber das, was die aus postmoderner Lust am wilden Kombinieren geborenen Bilder und Collagen Werner Büttners vor allem anderen auszeichnet.

 

Werner Büttner (*1954)
Dasein will Paarsein, 2019
Öl auf Leinwand, 150 x 190 cm
© VG Bild-Kunst, Bonn 2021
Foto: Egbert Haneke

 

Häufig tauchen gerade auf den neueren Bildern Tiere in absurden, vermenschlichten Handlungszusammenhängen auf, aber auch mythische und biblische Figuren, moderne Architektur, Landschaften oder kleine absurde Alltagsszenen. Alles frei heraus gemalt im unverwechselbaren Büttner-Stil, bloß nicht zu schön, aber immer pointiert und auf den ersten Blick wiedererkennbar. Was sich im Laufe der Jahrzehnte spürbar geändert hat, ist die Art des Farbauftrags. Wirken die frühen Bilder noch geradezu haptisch mit oft pastos aufgetragenen, erdigen Brauntönen, so bevorzugt Büttner etwa seit Anfang der 2000er Jahre einen wesentlich flacheren Malstil in mitunter durchaus grellen Farben.

 

Werner Büttner (*1954)
Die beste DNA liegt eh auf den letzten Schlachtfeldern, pflegte meine vorletzte Schwiegermutter immer zu sagen…, 2017
Collage, 32 x 24 cm
© VG Bild-Kunst, Bonn 2021
Foto: High-Res-Scans DTA

 

Werner Büttner soll seine atelierfrischen Bilder auch immer wieder seinen Schülern gezeigt haben, sozusagen als Rückversicherung. Respektiert bei den Studierenden war sein scharfes Auge, sein präzises Urteil, gefürchtet seine ironischen, teils sarkastischen, nicht unbedingt politisch korrekten Sprüche. Professor Büttner galt als, wenn auch mitunter sperriger, so doch fester Pflock innerhalb der Kollegenschaft an der HFBK. Auf den jährlichen Hochschulrundgängen war ein Abstecher in seine Klasse immer ein Must. Nun kann man sich in der Hamburger Kunsthalle also seine nie gehaltene Abschlussvorlesung in Form einer Ausstellung zu Gemüte führen. Auch wenn die späten Bilder vielleicht etwas geglätteter und weniger pointiert, teilweise fast schon altersmilde ausfallen – darf man gespannt sein, was da von Werner Büttner noch zu erwarten ist. Viel Zeit zum Malen hat er jetzt ja.

 

Werner Büttner (*1954)
Rosenscharmützel, 2007
Öl auf Leinwand, 190 x 150 cm
© VG Bild-Kunst, Bonn 2021
Foto: Egbert Haneke

 

Auf einen Blick:

 

Ausstellung: Werner Büttner. Last Lecture Show

 

Ort: Hamburger Kunsthalle

 

Zeit: bis 16.1.2022, Di-So 10-18 Uhr, Do 10-21 Uhr, 24.12. geschlossen, 25.12. geschlossen, 26.12. 10-18 Uhr, 31.12. 10-15 Uhr, 1.1.2022 12-18 Uhr

 

Katalog: Materialverlag – HFBK HAMBURG, 260 S., zahlreiche Abb., dt. und engl. Ausgabe, 29 Euro

 

Internet: www.hamburger-kunsthalle.de

 

Albert OehlenAlexander KlarBad PaintingHamburgHamburger KunsthalleHarald FalckenbergHFBKHochschule für Bildende KünsteMalereiMartin KippenbergerMartin KötteringNeue WildeWerner Büttner
Ausgaben Ausstellungen Kunst Künstlerporträts



Nicole Buesing und Heiko Klaas
Nicole Büsing und Heiko Klaas sind seit 1997 als freie Kunstjournalisten und Kritiker für zahlreiche Magazine, Tageszeitungen und Online-Magazine tätig. Daneben schreiben sie auch Katalogbeiträge. Sie leben in Hamburg und Berlin. Regelmäßige Veröffentlichungen über Kunst und Kunstmarkt z.B. in Kunstmarkt.com, Monopol, Artmapp, Hatjecantz.de, Artist Kunstmagazin, Artline, Spiegel online, DARE, Kultur & Gespenster, Photonews, Kunsttermine, Zeitkunst, Künstler-Kritisches Lexikon der Gegenwartskunst, Next Level, Art, Die Welt, Der Tagesspiegel, www.artlog.net, diverse regionale Tageszeitungen wie Kieler Nachrichten, Weser-Kurier, Neue Osnabrücker Zeitung, Saarbrücker Zeitung, Südkurier, Nürnberger Nachrichten, Flensburger Tageblatt, Freie Presse, etc. klaas.buesing@gmail.com




Vorheriger Beitrag
Neuanfang nach schwierigen Zeiten
Nächster Beitrag
Im Furor der Bedeutsamkeit



Auch interessant

Vom Klapprechner auf die Leinwand

Vom Klapprechner auf die Leinwand

22.10.24  Von Nicole Buesing und Heiko Klaas
Babysäbelzahntigervollkaskoversicherungsantragsstellungsurkunde

Babysäbelzahntigervollkaskoversicherungsantragsstellungsurkunde

05.10.24  Von Paige K. Bradley




Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..






Nach oben ˆ
  • Impressum
  • Redaktion & Kontakt
  • Datenschutzerklärung