Der junge Fotograf Valentin Goppel hat mit seiner Werkgruppe „Zwischen den Jahren“ ein viel beachtetes Porträt seiner Generation während des Corona-Lockdowns geschaffen. Jetzt sind die einfühlsamen Aufnahmen in Buchform herausgekommen
Zwischen den Jahren. Was passiert in dieser merkwürdigen Zeit des „In Between“, wenn das Alte noch nicht ganz vorbei ist, aber bereits eine Ahnung von dem aufflackert, was das Neue bringen mag?
Der Fotograf Valentin Goppel (Jahrgang 2000) wählte für seine 2020/2021 während des Corona-Lockdowns entstandene Serie den Titel „Zwischen den Jahren“. Und genau so ist auch der nun vorliegende Fotoband betitelt, der zum Jahresauftakt im Londoner Verlag GOST Books erschienen ist. Es ist nicht nur die erste Buchveröffentlichung des jungen, bereits mehrfach preisgekrönten Fotografen, sondern vor allem ein sehr persönlich geprägtes Porträt seiner eigenen Generation.
Während seines Fotografiestudiums an der Hochschule Hannover brach die Covid19-Pandemie aus, und es kam bekanntermaßen zum allgemeinen Lockdown im ganzen Land. Wie so viele andere Studierende in dieser Situation kehrte auch Valentin Goppel vorübergehend in sein Elternhaus zurück, das sich in seinem Fall in Regensburg befindet. Am Silvesterabend 2020 fiel nach einer kleinen Notiz am Küchentisch der Startschuss zu einem neuen Projekt des unfreiwillig ausgebremsten, aber dafür umso energiegeladeneren Fotografen. Zunächst fast beiläufig entstandenen in Valentin Goppels vertrautem Umfeld die ersten Bilder seiner stetig wachsenden Fotoserie: Momentaufnahmen des Rückzugs ins häusliche Ambiente, die Zweisamkeit eines Paares im Bett des Jugendzimmers, aber auch Gruppenporträts von Freunden am nächtlichen Lagerfeuer, ein junger Mann hinter der Windschutzscheibe seines Autos, der gedankenversonnen einen Burger in der Hand hält, oder eine spärlich bekleidete junge Frau, die allein, aber dennoch leise lächelnd in der Meeresbrandung steht.
Was fast alle Aufnahmen Valentin Goppels auszeichnet, ist sein perfektes Gefühl für die Lichtregie. Seine Modelle sind oft zwar sehr sparsam, aber gleichzeitig auch effektvoll ausgeleuchtet. Gleichzeitig entstehen interessante Schattenbildungen. Als Lichtquellen dienen Valentin Goppel die untergehende Sonne, Straßenlaternen, Lagerfeuer, Autoscheinwerfer oder sogar ein von innen beleuchteter Backofen. Da wir ja in digitalen Zeiten leben, verwendet er neben natürlichem Licht aber häufig auch den Widerschein der Displays von Handys, Tabletcomputern oder Laptops, um seine Modelle in Szene zu setzen. Diese bildnerische Strategie des pointierten Einsatzes von Licht zum Ausleuchten einzelner Bildelemente hat natürlich auch in der Malerei früherer Jahrhunderte ihre Vorläufer: Zum Beispiel bei Caravaggio, Rembrandt oder auch bei dem amerikanischen Maler Edward Hopper.
Valentin Goppel verortet sich mit der Serie „Zwischen den Jahren“ als ungewöhnlich blicksicherer Bildkomponist und Fotokünstler. Darüberhinaus kann er auch als sensibler Chronist seiner eigenen Corona-erfahrenen, jungen Generation im Ausnahmezustand bezeichnet werden. Kein Wunder, dass ausgewählte Bilder seiner Serie bereits ihr fotojournalistisches Echo fanden und in zahlreichen deutschen und internationalen Magazinen und Zeitungen veröffentlicht worden sind, darunter die ZEIT und der Spiegel, aber auch die New York Times. Im Jahr 2022 erhielt Valentin Goppel den Leica Oskar Barnack Newcomer Award für die Serie „Zwischen den Jahren“, nachdem er bereits im Jahr 2020 für seine in Argentinien entstandene Serie „Allà, en la Pampa“ zu den ausgezeichneten Nachwuchsfotografen des Vonovia Awards für Fotografie gehörte.
Die Serie „Zwischen den Jahren“ ist mit diesem hochwertig gedruckten und aufwendig in rotem Leinen gebundenen Fotobuch abgeschlossen. Und was kommt danach? Valentin Goppel arbeitet zur Zeit an seiner nächsten Fotoserie mit dem Titel „Hollywood Hopeful“. Diese führt ihn an verschiedene Orten in den USA auf den Spuren einer vor vielen Jahren aus familiären Gründen kurzfristig abgesagten, aber ursprünglich geplanten Reise mit seinen Eltern. In Kürze wird Valentin Goppel bereits zum dritten Mal innerhalb weniger Monate Richtung Kalifornien aufbrechen, um in diesem Dorado der visuellen Reize und unkonventionellen Menschen fotografische Momente und Begegnungen zu suchen, aber auch verschüttete Erinnerungen an etwas, das sich gar nicht zugetragen hat. Man darf gespannt sein, wie seine Reise weitergeht, und welche Bild- und Textdokumente auf diesem Roadtrip der etwas anderen Art durch den Golden State an der Westküste der USA entstehen werden.
Valentin Goppel: Zwischen den Jahren, GOST books, London, 80 Seiten, 37 Farbabbildungen, 50 Euro
Erscheint im Februar 2024
www.valentingoppel.com