Die 2018 von Anne Schwanz und Johanna Neuschäffer gegründete Berliner Galerie OFFICE IMPART hat sich zum Ziel gesetzt, das klassische Galerieformat zu erweitern und in den digitalen Raum auszudehnen. Mit zahlreichen Ausstellungen in ihrer Galerie und Messeteilnahmen im In- und Ausland haben sie sich im Feld der Post-Internet Art eine international beachtete Position erobert. Nicole Büsing & Heiko Klaas sprachen mit Anne Schwanz über ihre Teilnahme an der 41. Art Brussels

Porträt Anne Schwanz, Foto: Luke Marshall Johnson
Nicole Büsing & Heiko Klaas: Welche Erwartungen verbindest du mit der Teilnahme an der diesjährigen Art Brussels?
Anne Schwanz: Für uns ist es die vierte Teilnahme auf der Art Brussels und wir freuen uns jedes Jahr über das rege Interesse an den gezeigten Positionen aus unserem Programm. Für uns ist die Art Brüssel eine Messe bei der wir das sehr aufmerksame und kenntnisreiche Publikum schätzen – sowohl auf Sammlerseite als auch im institutionellen Bereich. Wir erhoffen uns nicht nur gute Verkäufe, sondern auch neue Kontakte zu Kurator:innen, ein Wiedersehen mit bestehenden Sammler:innen und Gespräche auf inhaltlicher Ebene. Art Brussels ist eine Messe, bei der wir das Gefühl haben, dass man international gesehen und ernst genommen wird.

Salomé Chatriot
WAISTGATE (NECKLINE), 2025
Enamel paint on aluminium
125 x 78 x 5 cm
Unique
courtesy the artist and OFFICE IMPART
NB & HK: Welche Künstler:innen werdet ihr präsentieren und in welchen Medien?
AS: Wir zeigen Arbeiten von Salomé Chatriot und Pola Sieverding, deren künstlerische Praktiken sich auf sehr unterschiedliche Weise mit dem Verhältnis von Körpern und Technologien beschäftigen. Ausgangspunkt unserer Präsentation ist die Frage, wie neue digitale Technologien unsere Gesten, Begegnungen und Vorstellungen von Identität transformieren.
Salomé Chatriot entwickelt hybride Räume zwischen Installation, Skulptur und Video. Ihre neuen Arbeiten – darunter Wandskulpturen und Malereien auf Aluminium – oszillieren zwischen technoiden Mythologien und spekulativen Zukunftsszenarien. Sie verhandeln die Berührungspunkte von Körper, Maschine und Datenwelt und loten neue Formen fluider Identität aus.

Stigma #4
2024
pigment print on paper. framed
139 x 94 cm
© Pola Sieverding, VG Bild-Kunst
Von Pola Sieverding zeigen wir Arbeiten aus 2 aktuellen Serien „touche-touche“ (2023) und „Stigma“ (2024). Die Serie „touche-touche“ richtet den Blick auf die Geste der Berührung – gerade im Zeitalter digitaler Interfaces – und lässt in ihrer radikalen Reduktion eine intensive Körperlichkeit spürbar werden. Neben touche-touche zeigen wir auch Pola Sieverdings Serie Stigma, in der sie sich mit den Blickregimen des Begehrens auseinandersetzt und in aufgeladenen, fast theatralisch inszenierten Porträts die Mechanismen von Anziehung, Zuschreibung und gesellschaftlicher Codierung sichtbar macht – als visuelle Choreografie zwischen Intimität, Macht und medialer Repräsentation.
Trotz ihrer unterschiedlichen Medien – Fotografie auf der einen, Skulptur, Video und digitale Oberflächen auf der anderen Seite – treten beide Positionen in einen Dialog über Körperbilder, Intimität und die Frage, wie wir uns inmitten technologischer Umwelten begegnen.

Art Brussels 2024, Foto: David Plas
NB & HK: Was macht deiner Meinung nach das Spezifische am belgischen Sammlermarkt aus? Gibt es den typisch belgischen Sammler, und wie würdest du ihn – gerade auch im Vergleich zu anderen Ländern – charakterisieren?
AS: Was uns immer wieder auffällt – und was wir sehr schätzen – ist die große Neugier der belgischen Sammler:innen. Man spürt ein echtes Interesse an künstlerischen Ideen, an Hintergründen und Prozessen. Es entstehen auf der Messe oft intensive Gespräche, die nicht sofort auf den Marktwert einer Arbeit zielen, sondern bei der künstlerischen Praxis ansetzen. In Brüssel begegnet man einem kunstaffinen Publikum, das sich gut auskennt, offen ist für neue und experimentelle Positionen und mit dem man gerne und auf Augenhöhe spricht.

Stand von Office Impart auf der Art Brussels, Foto: Choreo
NB & HK: Mit welchen Befürchtungen gehst du auf die Messe – gerade auch vor dem Hintergrund der weltpolitischen Lage und des seit mehreren Jahren zu beobachtenden verhaltenen Stimmung auf dem Kunstmarkt?
AS: Natürlich spüren wir die Zurückhaltung, die sich aus geopolitischen Spannungen und wirtschaftlicher Unsicherheit ergibt. Messen werden selektiver besucht, Budgets konzentrierter eingesetzt und Entscheidungen mit längerem Vorlauf gefällt. Daher sehen wir es als Herausforderung gerade diese Unsicherheit entgegenzuarbeiten und versuchen viel über die Bedeutung von Kunst und Kulturförderung zu sprechen, denn jeder Kauf eines Kunstwerkes hat positiven Einfluss auf das Ökosystem Kunst.
Und gerade im Hinblick auf das Verhalten jüngerer Sammler:innen ist diese Message wichtig zu vermitteln. – also jener Generation, die jetzt in den Markt hineinwächst.
NB & HK: Liebe Anne, wir danken dir für das Gespräch.

Art Brussels 2024,
DAVID PLAS PHOTOGRAPHY