Die 8. ARCOlisboa startet am 29. Mai innerhalb eines optimistischen Umfelds
„Die ARCOlisboa überzeugt uns durch ihre konzentrierte und gleichzeitig entspannte Atmosphäre“, sagt Cornelis van Almsick von der Wiener Galerie Zeller van Almsick. „Sie ist kleiner als viele andere Messen, aber gerade das schafft Fokussiertheit: Man hat Raum für Gespräche, kann Neues entdecken – ohne Reizüberflutung. Was sie für uns besonders macht, ist die kluge Verbindung lokaler portugiesischer Positionen mit einem internationalen Dialog, der vor allem iberoamerikanisch geprägt ist.“

Auf der Arco Lisboa, Foto: Arco Lisboa
Auf der ARCOlisboa zeigt die Galerie einen Dialog von Arbeiten der in Wien lebenden Portugiesin Ana de Almeida und des österreichischen Künstlers Dejan Dukic. Beide begreifen Materialität als Träger von Erinnerung, Geschichte und gesellschaftlichen Verhältnissen. Sie arbeiten jedoch in ganz unterschiedlichen Medien. Dukic’ abstrakte Ölgemälde entstehen, indem er die Farbe von der Rückseite her auf die Leinwand massiert. Ana de Almeida hingegen beschäftigt sich in ihrer Installation „Fat History“ mit der Geschichte einer untergegangenen Seifenfabrik in Tschechien. Postindustrielle Verwerfungen materialisieren sich bei ihr in Form handgefertigter Seifen, in welche beispielsweise historische Fotografien und andere Fundstücke eingearbeitet sind.

Wien Museum: Brotlos – Leben ohne Sicherheit (24.04.-01.09.2024) Foto: eSeL.at – Joanna Pianka
84 Galerien aus 15 Ländern zeigen auf der nunmehr 8. Ausgabe der Messe Werke von 470 Künstlern. Austragungsort der kleinen Schwester der ARCOmadrid ist die Cordoaria Nacional, die ehemalige Seilfabrik der portugiesischen Marine im Stadtteil Belém unweit des Flusses Tejo. Das 1779 vollendete Baudenkmal gilt als herausragendes Beispiel für die Industriearchitektur des 18. Jahrhunderts. Seit 1998 wird es für kulturelle Zwecke genutzt. Die von der Messe genutzte Halle hat eine Länge von rund 350 Metern.

Eingang Arco Lisboa, Foto: Arco Lisboa
Neben dem Hauptsektor gibt es auch zwei kuratierte Sektionen: „As formas do Oceano“ konzentriert sich auf die Beziehungen zwischen Afrika und der afrikanischen Diaspora in anderen Teilen der Welt. Kuratiert wird sie von der angolanischen Architektin und Kuratorin Paula Nascimento und dem brasilianischen Kurator Igor Simões. Die zweite kuratierte Sektion „Opening“ stellt neue künstlerische Sprachen und Ausdrucksweisen vor. Kuratoren sind hier der portugiesische Künstler Diego Pinto und die in Paris lebende Argentinierin Sophia Lanusse, Betreiberin des nomadischen Ausstellungsprojekts „Espacio Temporal“, das sich dem Dialog zwischen Künstlern aus Europa, Lateinamerika und der Karibik verschrieben hat.

Auf der Arco Lisboa, Foto: Arco Lisboa
Was aber zeichnet den portugiesischen Kunstmarkt, gerade auch angesichts der Beliebtheit des Landes bei Zuzüglern aus aller Welt, aus? Dazu Cornelis van Almsick: „Der Markt ist übersichtlich, aber lebendig – getragen von einem engagierten, oft sehr informierten Sammler:innenkreis, der nah an den Künstler:innen dran ist. Viele haben langjährige Beziehungen zu Galerien und zeigen echtes Interesse an inhaltlicher Auseinandersetzung. Die Expats – etwa aus Deutschland, Brasilien oder den USA – bringen neue Blickwinkel und Netzwerke ein. Diese Community, die in Lissabon ein Zuhause auf Zeit oder Dauer gefunden hat, trägt zu einer Dynamik des Marktes bei, teils auch über institutionelle Zusammenhänge hinaus.“

Auf der Arco Lisboa, Foto: Arco Lisboa
Galerist Tim Geissler von Jahn und Jahn aus München, die seit Herbst 2022 auch eine Filiale in Lissabon betreiben, hat folgende Beobachtung gemacht: „Die Szene in Lissabon könnte kaum vielfältiger sein. Wir sehen das auf unseren Eröffnungen. Es ist geradezu ein Querschnitt der Gesellschaft, der sich bei uns versammelt.“ Während der Messe wird Jahn und Jahn in der Galerie eine Einzelausstellung mit neuen Werken des deutschen Malers Albert Oehlen eröffnen. Auf der Messe selbst zeigen sie vier Künstler, die in ganz unterschiedlichen Medien arbeiten: Neben einer ortsspezifischen Installation von Carla Filipe werden Skulpturen von Ana Santos, Wandobjekte von Heinz Butz und Gemälde von Remi Ajani, einer in London lebenden Malerin, die sich in ihren Arbeiten unter anderem mit Fragen schwarzer Identität beschäftigt, gezeigt.

Auf der Arco Lisboa, Foto: Arco Lisboa
Die erst 2016 gegründete Galerie Madragoa hat schnell zu den spannendsten Adressen in der portugiesischen Hauptstadt aufgeschlossen. Galerie-Managerin Beatriz Silva stellt fest: „Portugal hat sich zu einer sehr interessanten kleinen Kunstszene entwickelt, insbesondere mit einer Reihe relevanter und regional ausgerichteter Sammlungen. Die Landschaft hat sich in den letzten Jahren verändert und durch ein neues Publikum aus dem Ausland bereichert, das aus großen Kunstsammlern und -liebhabern besteht, die wunderbar mit Galerien, Institutionen und Künstlern interagieren.“

Auf der Arco Lisboa, Foto: Arco Lisboa
An ihrem Stand, den sie sich mit DOCUMENT, einer Galerie aus Chicago, teilen, zeigen sie unter anderem Arbeiten von Sara Chang Yan, einer portugiesischen Künstlerin mit chinesischen Wurzeln, die auf der abgelegenen Azoreninsel Pico lebt. Ihre Zeichnungen fertigt sie sorgfältig auf Papier und Holz an: Durch Schnitzereien und Einschnitte auf den Bildträgern schafft sie vielschichtige Ebenen, welche die der Interaktion von Licht, Raum und Betrachter Vorschub leisten.

Auf der Arco Lisboa, Foto: Arco Lisboa
Wie blicken die Galeristen angesichts der aktuellen Weltlage in die Zukunft? Dazu noch einmal Tim Geissler: „Natürlich merken wir die Veränderungen und auch das zurückhaltende Kaufverhalten. Andererseits ist die Iberische Halbinsel in einem wirtschaftlichen Aufschwung und nicht so ermattet wie der deutsche Kunstmarkt zur Zeit. Die Herausforderung ist es also, weiter zu machen und den Gürtel enger zu schnallen.“

Auf der Arco Lisboa, Foto: Arco Lisboa
Auf einen Blick:
Messe: ARCOlisboa
Ort: Cordoaria Nacional
Zeit: 29. Mai (nur auf Einladung) bis 1. Juni 2025
Internet: www.ifema.es/en/arco/lisboa
Hinweis: Dieser Artikel erschien zuerst in der Druckausgabe von „Kunst und Auktionen“ 09/2025 vom 16. Mai 2025.

Auf der Arco Lisboa, Foto: Arco Lisboa