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Auf Fotosafari durch „Lower Saxony“

22.10.14  Von Nicole Buesing und Heiko Klaas


Der britische Fotograf Martin Parr begibt sich weltweit auf die Suche nach den letzten Relikten nationaler Besonderheiten im Zeitalter der fortschreitenden Globalisierung. 16 Monate lang erforschte er jetzt die „Britishness“ in Niedersachsen – und kam zu ganz erstaunlichen Resultaten.

Kaum ein deutsches Bundesland pflegt so enge Verbindungen zu Großbritannien wie Niedersachsen. Mit Georg I. bestieg vor genau 300 Jahren ein hannoverscher Kurfürst den britischen Thron.

Das Bundesland selbst wurde vor 68 Jahren von der britischen Militärregierung gegründet. Von 2010 bis 2013 hatte es mit David McAllister sogar einen Ministerpräsidenten, der beide Staatsangehörigkeiten besitzt. Und mit großen britischen Garnisonen in Bergen-Hohne, Bad Fallingbostel und Hameln gehörte es über viele Jahrzehnte auch zu den wichtigsten Army-Standorten außerhalb der Grenzen des Vereinigten Königreichs.

Doch deren Tage sind gezählt: Bis Ende 2015 sollen die letzten britischen Truppen zurückverlegt werden. Eine lange Ära deutsch-britischer Annäherungen geht zu Ende. Anlass genug also, einmal inne zu halten und die womöglich bald verblassende „Britishness“ in Niedersachsen zumindest mit der Kamera zu konservieren. Das Sprengel Museum Hannover präsentiert jetzt mit der Ausstellung „We love Britain!“ eine denkwürdige Bestandsaufnahme.

Martin Parr: Feier anlässlich des Geburtstags der Königin, Schloss Bredebeck, Bergen-Hohne, 2013 Queen’s Birthday Party, Schloss Bredebeck, Bergen-Hohne, 2013 Aus/From: WE LOVE BRITAIN!, 2013/14 Pigment Ink Print, 101,6 x 152,4 cm Besitz des Künstlers © Martin Parr / Magnum Photos

Martin Parr: Feier anlässlich des Geburtstags der Königin, Schloss Bredebeck, Bergen-Hohne, 2013 Queen’s Birthday Party, Schloss Bredebeck, Bergen-Hohne, 2013 Aus/From: WE LOVE BRITAIN!, 2013/14 Pigment Ink Print, 101,6 x 152,4 cm Besitz des Künstlers © Martin Parr / Magnum Photos

Kaum ein anderer britischer Fotograf wäre für dieses Projekt geeigneter als Martin Parr. Der 1952 geborene Künstler ist bekannt für seine umfangreichen Serien, in denen er die teils liebenswürdigen, mitunter aber auch skurrilen und befremdlichen Vorlieben und Eigenarten seiner Landsleute mit viel Humor, aber auch kritischer Distanz auf den Punkt bringt.

Sein Markenzeichen sind stark ausgeleuchtete Nahaufnahmen mit extrem gesättigten Farben. Bekannt geworden ist Parr 1986 mit der Serie „The Last Resort“, die in schonungsloser Direktheit zeigte, wie die britische „Working Class“ – offenbar magisch angezogen von zugemüllten Stränden und ungesundem Fast Food – ihren Badeurlaub verbringt. Für seinen angeblichen Zynismus heftig kritisiert, entgegnete Parr damals, er verunglimpfe nicht die Arbeiterklasse sondern die Regierung Thatcher, die für solche Verhältnisse verantwortlich sei.

Martin Parr New Brighton, England Aus/From: The Last Resort, 1983-1985 Pigment Ink Print 2014, 101,6 x 152,4 cm Besitz des Künstlers © Martin Parr / Magnum Photos

Martin Parr New Brighton, England Aus/From: The Last Resort, 1983-1985 Pigment Ink Print 2014, 101,6 x 152,4 cm Besitz des Künstlers © Martin Parr / Magnum Photos

Nun also Niedersachsen. Sechzehn Monate lang ist Parr immer mal wieder nach Hannover geflogen, um von dort aus zu Exkursionen ins Umland aufzubrechen. Dabei entdeckte er einen Lady Di Club in Hameln, er traf das seit 1960 verheiratete, geradezu prototypisch wirkende deutsch-britische Ehepaar James und Helga Griffiths und beobachtete, mit welch salbungsvollem Ernst Briten und Deutsche die alljährlichen Feierlichkeiten zum Geburtstag der Queen ausrichten.

Martin Parr Lady Di Club, Hameln, 2013 Aus/From: WE LOVE BRITAIN!, 2013/14 Inkjet print, 101,6 x 152,4 cm Besitz des Künstlers © Martin Parr / Magnum Photos

Martin Parr Lady Di Club, Hameln, 2013 Aus/From: WE LOVE BRITAIN!, 2013/14 Inkjet print, 101,6 x 152,4 cm Besitz des Künstlers © Martin Parr / Magnum Photos

Union Jacks, rote Teppiche, Paradeuniformen, ordenbehängte Brüste, Offiziersmessen mit Schlachtengemälden und kalte Buffets mit dem Porträt der Queen im Hintergrund finden sich auf den rund 70 großformatigen Aufnahmen dieser Serie zuhauf. Doch Martin Parr ist kein Fotograf, der brav und affirmativ Klischees bedient und harmlose Gebrauchsbilder für die Selbstvergewisserung seiner Auftraggeber produziert. Seine subversiven Bildstrategien sind mehr entlarvend als affirmativ. Und so macht er auch vor den Eigentümlichkeiten seiner Gastgeber nicht halt.

Martin Parr Britfest Paderborn, Abschlusszeremonie, Schloss Neuhaus, Paderborn, 2013  Beating the Retreat, Britfest, Schloss Neuhaus, Paderborn, 2013  Aus/From: WE LOVE BRITAIN!, 2013/14 Pigment Ink Print, 101,6 x 152,4 cm Besitz des Künstlers © Martin Parr / Magnum Photos

Martin Parr Britfest Paderborn, Abschlusszeremonie, Schloss Neuhaus, Paderborn, 2013 Beating the Retreat, Britfest, Schloss Neuhaus, Paderborn, 2013 Aus/From: WE LOVE BRITAIN!, 2013/14 Pigment Ink Print, 101,6 x 152,4 cm Besitz des Künstlers © Martin Parr / Magnum Photos

Parrs Beobachtungen auf dem größten Schützenfest der Welt in Hannover liefern den Beweis dafür, dass auch den Deutschen offenbar der Hang zu Orden, Abzeichen und pseudomilitärischen Ritualen immer noch innewohnt. Und seine britischen Landsleute, die durchweg hellhäutigen Angehörigen eines in manchen Familien von Generation zu Generation weitervererbten, strammen Berufssoldatentums mit nationalistischen Tätowierungen, streng hierarchischen Strukturen und antiquierten Ritualen wirken auf diesen Bildern ihrer mittlerweile extrem multikulturellen Heimat arg entfremdet.

Martin Parr Schützenfest Hannover, Schützenausmarsch, 2013 Marksmen’s Funfair Hannover, Grand Parade of the Marksmen, 2013 Aus/From: WE LOVE BRITAIN!, 2013/14 Inkjet print, 101,6 x 152,4 cm Besitz des Künstlers © Martin Parr / Magnum Photos

Martin Parr Schützenfest Hannover, Schützenausmarsch, 2013 Marksmen’s Funfair Hannover, Grand Parade of the Marksmen, 2013 Aus/From: WE LOVE BRITAIN!, 2013/14 Inkjet print, 101,6 x 152,4 cm Besitz des Künstlers © Martin Parr / Magnum Photos

Das Großbritannien, wie es sich in Garnisonen wie Bergen-Hohne oder Bad Fallingbostel offenbar bis heute erhalten hat, entlarvt Parr als Trugbild, das spätestens mit dem Abzug des letzten Soldaten Geschichte sein wird. Darüberhinaus hält die Hannoveraner Ausstellung aber auf mehr als 700 Quadratmetern auch über 300 weitere Arbeiten aus früheren Serien Martin Parrs bereit, so dass sie einen profunden Einblick in das Gesamtwerk dieses ebenso genialen wie schelmenhaften Chronisten unserer unmittelbaren Gegenwart bietet.

Martin Parr: Besucherin vor der Serie "Common Sense" 1995-1999, Foto: Klaas

Martin Parr: Besucherin vor der Serie „Common Sense“ 1995-1999, Foto: Klaas

Auf einen Blick

Ausstellung: We Love Britain!
Ort: Sprengel Museum Hannover
Zeit: bis 22. Februar 2015. Di 10-20 Uhr. Mi-so 10-18 Uhr. Heiligabend, 1. Weihnachtstag und Silvester geschlossen. 2. Weihnachtstag 10-18 Uhr. Neujahr 13-18 Uhr
Katalog: Verlag Schirmer/Mosel, 138 S., ca. 70 Abb., 19,90 Euro
Internet: www.sprengel-museum.de, www.martinparr.com

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Ausstellungen



Nicole Buesing und Heiko Klaas
Nicole Büsing und Heiko Klaas sind seit 1997 als freie Kunstjournalisten und Kritiker für zahlreiche Magazine, Tageszeitungen und Online-Magazine tätig. Daneben schreiben sie auch Katalogbeiträge. Sie leben in Hamburg und Berlin. Regelmäßige Veröffentlichungen über Kunst und Kunstmarkt z.B. in Kunstmarkt.com, Monopol, Artmapp, Hatjecantz.de, Artist Kunstmagazin, Artline, Spiegel online, DARE, Kultur & Gespenster, Photonews, Kunsttermine, Zeitkunst, Künstler-Kritisches Lexikon der Gegenwartskunst, Next Level, Art, Die Welt, Der Tagesspiegel, www.artlog.net, diverse regionale Tageszeitungen wie Kieler Nachrichten, Weser-Kurier, Neue Osnabrücker Zeitung, Saarbrücker Zeitung, Südkurier, Nürnberger Nachrichten, Flensburger Tageblatt, Freie Presse, etc. klaas.buesing@gmail.com




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