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Nicht von Pappe

06.03.15  Von Nicole Buesing und Heiko Klaas


Gefaltet, gestanzt, geschreddert oder zerschnitten: Das Museum Kunst der Westküste auf der Insel Föhr widmet sich zum Saisonauftakt in der Ausstellung „Papermania“ dem Medium Papier in der zeitgenössischen Kunst. Außerdem zu sehen: die beeindruckenden Sylt-Fotografien von Bleicke Bleicken (1898-1973)

Es duftet nach frischem Heu im Museum Kunst der Westküste in Alkersum auf der Nordsee-Insel Föhr. Ein ordentlich aufgeschichteter Heuhaufen liegt mitten in der Gemäldegalerie mit Landschaftsmalerei von bekannten Malern wie Piet Mondrian, Max Liebermann oder Otto Heinrich Engel aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert. Doch halt – unterliegt der Besucher nicht vielleicht doch einer synästhetischen Täuschung? Der Heuhaufen des in Kiel und Berlin lebenden Künstlers Thomas Judisch mit dem Titel „Vom Wohnen und Wandern #2“ besteht nämlich aus millimeterfeinen, farbigen Papierstreifen aus Büttenpapier und ist in der Tat völlig geruchlos. Der Titel spielt übrigens auf die nomadische Existenz von Künstlern an, die als „Artist in Residence“ mal hier, mal dort anzutreffen sind. Vor Kurzem noch war Thomas Judisch Gastkünstler im Museum Kunst der Westküste. Mittlerweile aber hat er sich für die nächsten zwölf Monate im begehrten Gastatelier im Hamburger Goldbekhof eingerichtet.

Papermania: Thomas Judisch: "Vom Wohnen und Wandern" 2015, Foto: Museum Kunst der Westküste

Papermania: Thomas Judisch: „Vom Wohnen und Wandern“ 2015, Foto: Museum Kunst der Westküste

Der wundersame Heuhaufen ist nur eines von 22 Werken in der Ausstellung „Papermania“, die sich mit dem Material Papier als Medium in der zeitgenössischen Kunst auseinandersetzt. Kuratorin Martina Nommsen hat zehn internationale Künstler eingeladen, Papierarbeiten für die Räume des 2009 von dem renommierten Architekten Gregor Sunder-Plassmann realisierten Museumsgebäude-Ensembles auf Föhr zu realisieren. Dabei dringen die geklebten, gefalteten, zerschnittenen und ausgestanzten Papierobjekte in alle Räume vom Speisesaal des museumeigenen Restaurants Grethjens bis zu den Nischen in den Korridoren vor. Direktorin Ulrike Wolff-Thomsen hat sich zudem den Schachzug überlegt, einige der Papierarbeiten mit der Sammlung in Dialog treten zu lassen. Unter dem Titel „Kräftemessen. Meisterwerke der Sammlung im Dialog“ reagieren drei der Papierkünstler mit raumgreifenden Installationen auf die den Themen Küste und Meer verhafteten Gemälde der Sammlung. So präsentiert Frank Bölter gleich im ersten Saal sein überdimensionales, weißes Papierschiff „O.T. (PS Rostock)“, das zusammen mit vielen freiwilligen Helfern aus Milchtütenkarton gefaltet wurde. Das von der Benutzung etwas lädierte Gefährt wurde in Rostock bereits einmal zu Wasser gelassen. Jetzt korrespondiert es mit teils dramatischen Bildern von Schiffswracks, in Seenot geratenen Fischerbooten und verzweifelten Matrosen. Vorbei an Thomas Judischs Heuhaufen, entdeckt der Besucher im dritten Saal Schwärme schwarzer Papierfalter, die sich zwischen den Bildern niedergelassen haben. Sie sind Teil der aus 15.000 ausgestanzten, vielförmigen Motten, Schmetterlingen und Nachtfaltern bestehenden Installation „Black Cloud“ des international bekannten Mexikaners Carlos Amorales. Folgt man dem Ausstellungsparcours, so verfolgen einen die Motten auf Schritt und Tritt, um sich dann im letzten Ausstellungsraum zu einem riesigen Cluster auf Decken, Wänden und Treppenaufgängen auszubreiten. Ein leicht mulmiger Beunruhigungskitzel beschleicht den Besucher, fast wie in Alfred Hitchcocks Filmklassiker „Die Vögel“.

Frank Bölter: Performance "Bis and Ende der Welt", Foto: Alexander Brattell

Frank Bölter: Performance „Bis and Ende der Welt“, Foto: Alexander Brattell

Papermania: Carlos Amorales: "Black Cloud", Foto: Heiko Klaas

Papermania: Carlos Amorales: „Black Cloud“, Foto: Heiko Klaas

Auch wenn das Material Papier mit seiner langen Geschichte und Tradition zunächst einmal als etwas Harmloses daher kommt, gelingt es den Künstlern der Ausstellung, auch Brüche und Zwiespältigkeiten aufzuzeigen. Besonders in den verschiedenen Schnitttechniken wird dies deutlich. Raffiniert, virtuos und verblüffend etwa kommen die jeweils aus einem weißen DIN A4-Blatt allein durch Falttechniken und Schnitte mit dem Cutter angefertigten Arbeiten des Dänen Peter Callesen daher. Er thematisiert in Seenot geratene Schiffe à la Caspar David Friedrich oder von Wellen bedrohte Sandburgen und fügt sich so vorzüglich in den Sammlungsschwerpunkt des Museums ein. Die Chinesin Bovey Lee hingegen fertigt komplizierte, zarte Scherenschnitte ebenfalls mit Meeresbezug: eine riesige Tsunamiwelle mit allerlei Bedrohungsszenarien oder eine aus der Distanz harmlos wirkende Qualle, in deren Fängen man bei genauerer Betrachtung aber verschiedene Zivilisationsobjekte bis hin zu Flugzeugen und Bohrinseln entdeckt.

Papermania: Jennifer Collier: "Map SLR Camera", 2015, Foto: Museum Kunst der Westküste

Papermania: Jennifer Collier: „Map SLR Camera“, 2015, Foto: Museum Kunst der Westküste

„Papermania“ zeigt auf, dass Papier mehr sein kann, als das bloße Trägermaterial für gedruckte Informationen, Zeichnungen oder Aquarelle. Die komplexen Objekte der Künstler zeugen nicht nur von großer handwerklicher Virtuosität und Schönheit, sondern auch von inhaltlich komplexen, mal spielerisch, mal konzeptuell unter-fütterten Materialexperimenten.
Für Liebhaber der Schwarz-Weiß-Fotografie hält das Museum dann noch eine kleine Werkschau mit Aufnahmen des Sylter Fotografen Bleicke Bleicken (1898-1973) bereit. Strandszenen, Naturstücke, Sylter Charaktere – der an der Ästhetik des Neuen Sehens und der Neuen Sachlichkeit geschulte, ambitionierte Autodidakt und Werbefotograf erforschte seine Insel jenseits der Klischees von Reichtum und Schönheit. Er fängt Momente der Stille und der verborgenen Naturschönheiten ebenso ein wie die Arbeit der Fischer oder das Strandleben. Auch auf der Nachbarinsel Föhr eine Entdeckung.

Blecke Bleicken: "Aufgepasst Westerland" 1935, Foto: Museum Kunst der Westküste

Blecke Bleicken: „Aufgepasst Westerland“ 1935, Foto: Museum Kunst der Westküste

Mit den drei Ausstellungen zum Saisonauftakt ist das Museum Kunst der Westküste gut aufgestellt. Von Cutting Edge bis gediegen-bodenständig, von international bis regional: Kunst vom Feinsten, natürlich mit Bezug zum Meer und zur Küste – daneben aber auch ein ungemein vielfältiger und kurzweiliger Überblick über das Material Papier in der zeitgenössischen Kunst.





Auf einen Blick

Ausstellungen: Papermania. Papier als Medium in der zeitgenössischen Kunst (bis 12.7.2015)

Bleicke Bleicken (1898-1973): Sylt – Meine Insel (bis 12.7.2015)

Kräftemessen. Meisterwerke der Sammlung im Dialog (bis 31.5.2015)


Ort: Museum Kunst der Westküste, Alkersum auf Föhr


Zeit: 1.3.-31.10.: Di-So 10-17 Uhr. 1.11.2015-10.1.2016 12-17 Uhr. 24./25. und 31.12. geschlossen. Sonderöffnungstage: Montag 6.4., 25.5. und 28.12.
Kataloge: Papermania: Booklet, 30.S, 4 Euro
Bleicke Bleicken. Sylt – Meine Insel“, Kehrer Verlag, 144 S., 39,90 Euro


Internet: www.mkdw.de

Carlos AmoralesFrank BölterMuseum Kunst der WestküstePapermaniaThomas Judisch
Ausstellungen



Nicole Buesing und Heiko Klaas
Nicole Büsing und Heiko Klaas sind seit 1997 als freie Kunstjournalisten und Kritiker für zahlreiche Magazine, Tageszeitungen und Online-Magazine tätig. Daneben schreiben sie auch Katalogbeiträge. Sie leben in Hamburg und Berlin. Regelmäßige Veröffentlichungen über Kunst und Kunstmarkt z.B. in Kunstmarkt.com, Monopol, Artmapp, Hatjecantz.de, Artist Kunstmagazin, Artline, Spiegel online, DARE, Kultur & Gespenster, Photonews, Kunsttermine, Zeitkunst, Künstler-Kritisches Lexikon der Gegenwartskunst, Next Level, Art, Die Welt, Der Tagesspiegel, www.artlog.net, diverse regionale Tageszeitungen wie Kieler Nachrichten, Weser-Kurier, Neue Osnabrücker Zeitung, Saarbrücker Zeitung, Südkurier, Nürnberger Nachrichten, Flensburger Tageblatt, Freie Presse, etc. klaas.buesing@gmail.com




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