„I’m a Stranger Here Myself“ lautet der Titel der nunmehr zweiten Einzelausstellung der in Berlin lebenden Künstlerin Jenni Tischer, Jahrgang 1979, im Drawing Room in Hamburg. 2015 war sie dort zum ersten Mal mit einer Ausstellung zu sehen.
Der Titel korrespondiert mit einem Songtitel aus dem Musical „One Touch of Venus“ von Kurt Weill und Ogden Nash aus dem Jahr 1943. In der Ausstellung, die vergangene Woche mit einer Einführungsrede von Sven Beckstette, Kurator im Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart, Berlin, eröffnet wurde, geht es um das Fremde und das Fremdsein.
Im Mittelpunkt stehen Caps, typische Kopfbedeckungen also, wie man sie insbesondere aus den USA, von Sportveranstaltungen, Wahlkämpfen und als Freizeitbekleidung kennt. Jenni Tischer kombiniert diese mit anderen Materialien wie Holz, Leder, Edelstahl oder Spiegeln zu hybriden Gebilden an der Schnittstelle zwischen Modedesign, Minimal Art, Performance und digitaler Technologie. In Hamburg zu sehen sind auf dem Boden oder auf Sideboards stehende Skulpturen sowie Wandobjekte. Eine Reihe von Zeichnungen, häufig in Kombination mit Garn, ergänzt die Schau. Während der Ausstellungseröffnung trug eine junge Performerin eine Kappe, die mit einem patchworkartigen, schleierähnlichen Tuch versehen war, welches das Gesicht halb bedeckte.
Jenni Tischer, die an der Hochschule für Bildende Künste Dresden und an der Akademie der bildenden Künste Wien studiert hat, bezieht sich in ihren neuesten Arbeiten auf das 1988 erschienene Buch „Fremde sind wir uns selbst“ der französischen Psychoanalytikerin und Literaturtheoretikerin Julia Kristeva. Die Kappe fungiert bei Jenni Tischer gleichzeitig als Indikator für Gruppenzugehörigkeit und ausgelebten Individualismus. Sie veranschaulicht aber auch komplexe Mechanismen der Überwachung und Kontrolle sowie des Warenfetischismus und der Selbstoptimierung. Eine Ausstellung mit intellektuellem Tiefgang, subversiven Querverweisen und durchaus auch einer Portion Humor.
Jenni Tischer – I’m a Stranger Here Myself, Drawing Room Hamburg, bis 20.7.2017, Di-Do 12-19 Uhr und nach Vereinbarung, www.drawingroom-hamburg.de