Mit dem Hamburger Kulturmanager Andreas Hoffmann kommt ein ebenso professioneller wie unaufgeregter Museumsmann nach Kassel
Von Hamburg nach Kassel: Prof. Dr. Andreas Hoffmann, seit 2007 Geschäftsführer des Bucerius Kunst Forums, wird am 1. Mai 2023 seine neue Stelle als Geschäftsführer der documenta und Museum Fridericianum gGmbH antreten. Ein neuer Job in herausfordernden Zeiten. Es ist zu wünschen, dass der erfahrene Kulturmanager und klassische Archäologe die wegen Antisemitismus-Skandalen umstrittene documenta wieder in ruhigeres Fahrwasser lenken kann. Nach dem Rücktritt der mit der Krisenbewältigung heillos überforderten Generaldirektorin Sabine Schormann wenige Wochen nach der Eröffnung der documenta fifteen waren mit Alexander Farenholtz und Ferdinand von Saint André zwei von vornherein als Übergangslösungen berufene Interimsgeschäftsführer bestellt worden. Eine Stabilität ausstrahlende Führungspersönlichkeit hat der ins Trudeln geratene Weltausstellungsdampfer jetzt dringend nötig.
Gute Voraussetzungen bringt der 1971 in Norden, Ostfriesland geborene Kulturmanager allemal mit. Zunächst sammelte er von 2001 bis 2004 Erfahrungen als Leiter der Antikensammlung am Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg. Dort machte er sich auch als Kurator von Ausstellungen wie „Die Pyramide. Haus für die Ewigkeit“ (2002) und „Die Etrusker. Luxus für das Jenseits“ (2004) einen Namen.
Von 2004 bis 2006 war Hoffmann dann als Geschäftsführer der Freunde der Hamburger Kunsthalle tätig. In dieser Position sammelte er unter anderem mit der Etablierung eines jungen Freundeskreises Managementerfahrung. Dieses Wissen konnte er dann gut mit einbringen, als er gefragt wurde, den Job als kaufmännischer Geschäftsführer für das Bucerius Kunst Forum am Hamburger Rathausmarkt zu übernehmen. Aus dem begeisterten Archäologen wurde nach und nach ein Mann der Zahlen und Tabellen. Mit großem Erfolg und wechselnden künstlerischen Direktor:innen an seiner Seite führte er das von der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius getragene Haus, das sich seit seiner Gründung auf publikumswirksame Ausstellungen im überschaubaren Format spezialisiert hat. Andreas Hoffmann brachte sich auch hier mit großem Engagement ein: beim Fundraising, in Personalfragen, im Marketing, aber auch bei der Konzeption innovativer Veranstaltungs- und Vermittlungs-formate. Lesungen, Vortragsreihen, Konzerte und sogar Yoga-Sessions ergänzen im „Buci“, wie es die Hamburger liebevoll nennen, das klassische Ausstellungsprogramm. Hoffmann verantwortete aber auch die Erweiterung des Ausstellungshauses im Jahr 2008 und die Realisierung des Neubaus, der 2019 ein paar Häuser weiter am Alten Wall eröffnet wurde.
Andreas Hoffmann sieht sich gern „in der klassischen Rolle des Ermöglichers, der anderen den Rücken frei hält“. Dieses Credo vermittelt er als Professor am Institut für Kultur- und Medienmanagement auch seinen Studierenden an der Hamburger Hochschule für Musik und Theater, wo er Lehrveranstaltungen zu den Grundlagen des Museumsmanagements, aber auch zu zukunftsgerichteten Feldern wie Audience Development und Community Building anbietet.
Nun stellt er sich also neuen Herausforderungen in der documenta-Stadt. Manche mögen vielleicht einwenden, dass ein klassischer Archäologe ungeeignet sei, die Geschicke der explizit zeitgenössisch ausgerichteten documenta gGmbH zu leiten. Doch für die inhaltliche Positionierung der nächsten documenta wird eine neue künstlerische Leitung verantwortlich sein, die bis zum Frühjahr 2024 bestimmt werden soll. Und das Museum Fridericianum hat mit Moritz Wesseler, dessen Vertrag noch bis 2027 läuft, einen umtriebigen Direktor, dessen nonkonformistisches Programm international Beachtung findet. Andreas Hoffmann, der sich im Hamburger Kunstbetrieb durch sein ruhiges und ausgleichendes Auftreten, gepaart mit einer hohen Professionalität, einen soliden Ruf erworben hat, dürfte wohl auch in Kassel wieder in die ihm eigene Rolle des stillen Ermöglichers schlüpfen, der das Ganze souverän im Blick behält.
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