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Konzeptkunst mit emotionalem Kick

13.05.25  Von Nicole Buesing und Heiko Klaas


Tiefenbohrung zum Werk eines Verschollenen: Die Hamburger Kunsthalle präsentiert den legendären „Künstler-Künstler“ Bas Jan Ader

 

Bas Jan Ader verlässt in seinem Boot Ocean Wave den Hafen in
Chatham (Massachusetts) für seine Trilogie In search of the miraculous, 9. Juli 1975
© The Estate of Bas Jan Ader / Mary Sue Ader Andersen / VG Bild-Kunst,
Bonn 2025. Courtesy of Meliksetian | Briggs, Dallas

Am 10. April 1976 stößt ein spanischer Fischtrawler ungefähr 150 nautische Meilen südwestlich von Irland auf ein zu zwei Dritteln zerstörtes Segelboot. Keine Spur von der Besatzung. Die Crew des Trawlers hievt das Wrack an Deck und nimmt es mit in den Hafen von La Coruña, wo es von den Behörden genauer untersucht wird. Bei ihren Recherchen stoßen die Beamten auf den Reisepass von Bas Jan Ader. Was genau mit ihm geschehen ist, konnte niemals restlos aufgeklärt werden.

Fest steht nur, dass der niederländische Konzeptkünstler Bas Jan Ader am 9. Juli 1975 in Cape Cod, Massachusetts mit seiner kleinen Segelyacht „Ocean Wave“ voller Optimismus aufgebrochen war, um in rund 60 Tagen den Atlantik zu überqueren. Anschließend geplant war eine große Ausstellung im Groninger Museum. Der Funkkontakt war jedoch schon nach drei Wochen abgebrochen.

The boy who fell over Niagara Falls, 1972
Fotografische Dokumentation der Performance im Kabinett für aktuelle Kunst, Bremerhaven, 1972
© Jürgen Wesseler / Kabinett für
aktuelle Kunst, Bremerhaven / VG Bild-Kunst, Bonn 2025

 

Mit dem Verschwinden von Bas Jan Ader wurde eine viel versprechende Künstlerkarriere jäh beendet – gleichzeitig entstand eine der bis heute mysteriösesten Künstlerlegenden. Der bei seinem Verschwinden erst 33 Jahre alte Künstler hatte dies- und jenseits des Atlantik bereits durch Einzel- und Gruppenausstellungen auf sich aufmerksam gemacht. Schon über seine erste Galerieausstellung hatten renommierte Zeitungen wie die Washington Post und die Village Voice äußerst wohlwollend berichtet.

 

I’m too sad to tell you, 1970-71
16-mm-s/w-Film, digitalisiert, ohne Ton, 3:18 Min.
© The Estate of Bas Jan Ader / Mary Sue Ader Andersen / VG Bild-Kunst, Bonn 2024. Courtesy of Meliksetian / Briggs, Dallas

Wie kaum ein anderer Künstler vor oder nach ihm hat er sein Gesicht und seinen Körper zu Projektions- und Verdichtungsflächen für zutiefst menschliche Erfahrungen der existenziellen Einsamkeit, der Trübnis und des Schmerzes, der Trauer und Verzweiflung gemacht. Sein stummer Kurzfilm „I’m too sad to tell you“ (1970/71) zeigt rund dreieinhalb Minuten lang ein Brustbild des stets dunkel gekleideten, zutiefst betrübten Künstlers – die ein oder andere über seine Wangen kullernde Träne inbegriffen. Wen oder was er betrauert, bleibt unausgesprochen. Aber genau das macht auch die Stärke dieser und anderer seiner Arbeiten aus, nämlich Grundkonstanten menschlicher Emotionen wie in einem Brennglas auf das Wesentliche zu reduzieren.

 

Broken fall (organic), Amsterdamse Bos, Holland, 1971
Black and white 16mm film, silent transferred to digital media
Duration: 1:44 min
© The Estate of Bas Jan Ader / Mary Sue Ader Andersen / VG Bild-Kunst, Bonn 2024
Courtesy of Meliksetian | Briggs, Dallas

Auf ambivalente Art und Weise humorvoll und sicherlich auch von historischen Vorläufern wie der Commedia dell’ arte und dem Slapstick-Film der 1920er Jahre geprägt, sind wiederum die tonlosen 16-mm-s/w-Filme, in welchen der Künstler mit nahezu akrobatischer Könnerschaft vom Dach seines Hauses herab rollt, mit dem Fahrrad in eine Amsterdamer Gracht fährt oder urplötzlich vom Stuhl fällt.

 

Pitfall on the way to a New Neo Plasticism,
Westkapelle, Holland, 1971
C-Print, 40 x 29,5 cm, Edition von 3
© The Estate of Bas Jan Ader / Mary Sue Ader Andersen / VG Bild-Kunst, Bonn 2025
Courtesy of Meliksetian | Briggs, Dallas

Dass er aber auch die jüngere Kunstgeschichte seiner niederländischen Heimat zu reflektieren wusste, zeigen gleich mehrere Arbeiten, in welchen er sich spielerisch-ironisch an der geometrischen Strenge im Werk Piet Mondrians abarbeitet.

Please Don’t Leave Me, 1969
Silbergelatineabzug, Edition von 3
© The Estate of Bas Jan Ader / Mary Sue Ader Andersen / VG Bild-Kunst, Bonn 2024. Courtesy of Meliksetian / Briggs, Dallas

Die Galerie der Gegenwart der Hamburger Kunsthalle nimmt den 50. Jahrestag des Verschwindens von Ader zum Anlass, diesem „Artist’s Artist“ eine umfangreiche und wertschätzende Ausstellung zu widmen. Ebenso hätte diese in Los Angeles, Amsterdam oder New York gezeigt werden können. Aber vielleicht ist die Hafenstadt Hamburg und die Kunsthalle mit ihrer stark von der Romantik geprägten Sammlung auch genau der richtige Ort für ein solches Unternehmen. Zumal Brigitte Kölle, Co-Leiterin der Galerie der Gegenwart und Kuratorin der Schau, zentrale Arbeiten des Künstlers bereits in den thematischen Gruppenausstellungen „Besser Scheitern“ (2013) und „Trauern“ (2020) gezeigt hatte.

Bas Jan Ader (1942–1975)
In Search of the Miraculous (One Night in Los Angeles), 1973
Eighteen silver gelatin prints with hand-written text in white ink
20,3 x 25,4 cm each
© The Estate of Bas Jan Ader / Mary Sue Ader Andersen, 2024 / VG Bild-Kunst, Bonn 2024
Courtesy of Meliksetian | Briggs, Dallas

Bastiaan Johann Christiaan Ader wurde am 19. April 1942 in Drieborg, einem kleinen Dorf in der niederländischen Provinz Groningen, geboren. Beide Eltern waren calvinistische Prediger und im Widerstand gegen die deutschen Besatzungstruppen engagiert. Aders Vater, der über 200 jüdischen Mitbürgern geholfen hatte unterzutauchen, wurde 1944 von den Nazis hingerichtet. 1960/61 begann Bas Jan Ader zunächst ein Kunststudium in Amsterdam, das er dann ab 1963 in Kalifornien fortsetzte und 1969 dort abschloss. Abgesehen von einigen kurzen Aufenthalten in Europa hat er danach permanent in Kalifornien gelebt. Sein Künstlerkollege, der heute 81-jährige Allen Ruppersberg, beschreibt den stets in Marineblau gekleideten Ader als „kultivierten Europäer“, einen „Dandy“. Seine zwischen gelebtem Leben und Selbstinszenierung changierende Existenz gleiche einer „literarischen Schöpfung“, so Ruppersberg.

 

Mary Sue Ader Andersen und Bas Jan Ader vor dem Kabinett für aktuelle Kunst Bremerhaven, 1972
© Jürgen Wesseler / Kabinett für aktuelle Kunst, Bremerhaven

Das Verdienst der Hamburger Ausstellung besteht darin, die bislang wohl weltweit profundeste Tiefenbohrung zum Werk des Verschollenen darzustellen. Von studentischen Arbeiten auf Papier und Leinwand spannt sich der Bogen über Fotografien, Filme, Videos und zum Teil rekonstruierte Installationen. Aber auch aufschlussreiche Ephemera wie Notizen, Einladungskarten, Zeitungsausschnitte und die Korrespondenz mit anderen Akteuren des Kunstbetriebs lassen Bas Jan Ader nahezu wiederaufleben und streckenweise fast als einen Heutigen erscheinen. Gerade wer heute Kunst studiert, dürfte aus der Beschäftigung mit Bas Jan Aders Werk, das seiner Zeit weit voraus war, auch heute noch wertvolle Impulse und Inspirationen mit nach Hause nehmen. Dazu gehört neben einer gewissen Risikobereitschaft auch der Mut, die eigene, womöglich brüchige Existenz in einer immer stärker erfolgsgetriebenen Welt nicht zu verleugnen, sondern in Arbeiten voller poetischer Sensibilität zum Ausdruck zu bringen.

 

Bas Jan Ader (1942–1975)
Broken Fall (geometric),
Westkapelle – Holland, 1971
C-Print, 40 x 29,5 cm
Defares Collection

 

Auf einen Blick:

Ausstellung: Bas Jan Ader – I’m Searching…

Ort: Hamburger Kunsthalle, Galerie der Gegenwart

Zeit: bis 24.August 2025, Di-So 10-18 Uhr, Do 10-21 Uhr

Katalog: Verlang der Buchhandlung Walther und Franz König, 208 S., 39,80 Euro

Internet: www.hamburger-kunsthalle.de

 

Bas Jan Ader (1942–1975)
Fall 2, Amsterdam, 1970
16-mm-s/w-Film, ohne Ton, 19 Min., dokumentiert in einer Farbfotografie
© The Estate of Bas Jan Ader / Mary Sue Ader Andersen / VG Bild-Kunst, Bonn 2024. Courtesy of Meliksetian / Briggs, Dallas

 

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Nicole Buesing und Heiko Klaas
Nicole Büsing und Heiko Klaas sind seit 1997 als freie Kunstjournalisten und Kritiker für zahlreiche Magazine, Tageszeitungen und Online-Magazine tätig. Daneben schreiben sie auch Katalogbeiträge. Sie leben in Hamburg und Berlin. Regelmäßige Veröffentlichungen über Kunst und Kunstmarkt z.B. in Kunstmarkt.com, Monopol, Artmapp, Hatjecantz.de, Artist Kunstmagazin, Artline, Spiegel online, DARE, Kultur & Gespenster, Photonews, Kunsttermine, Zeitkunst, Künstler-Kritisches Lexikon der Gegenwartskunst, Next Level, Art, Die Welt, Der Tagesspiegel, www.artlog.net, diverse regionale Tageszeitungen wie Kieler Nachrichten, Weser-Kurier, Neue Osnabrücker Zeitung, Saarbrücker Zeitung, Südkurier, Nürnberger Nachrichten, Flensburger Tageblatt, Freie Presse, etc. klaas.buesing@gmail.com




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