Die 51. Art Cologne wartet mit internationalen Neuzugängen und einigen konzeptionellen Neuerungen auf. Ab September 2017 ist auch ein Berliner Ableger geplant
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Andreas Schmitten: Bürgerwehr, 2017, König Galerie, Berlin, Foto: Heiko Klaas
Ein wenig fühlt man sich auf die Art Basel versetzt, so hochkarätig und international aufgestellt kommt das dies-jährige Teilnehmerfeld der Art Cologne daher. Messedirektor Daniel Hug ist es in den vergangenen Jahren Schritt für Schritt gelungen, auch die „Big Player“ unter den Galeristen nach Köln zu locken. Hauser & Wirth, Thaddaeus Ropac, David Zwirner, Sprüth Magers und in diesem Jahr erstmals auch Gagosian, White Cube und Daniel Templon sind mit hochkarätigen Arbeiten an den Rhein gereist. So zeigt etwa die in New York beheimatete Gagosian Gallery die spektakuläre Installation „Buddha’s Fingers“ von Chris Burden. Die Arbeit besteht aus 32 gusseisernen, jeweils vier Meter hohen Straßenlaternen, die zu Anfang des 20. Jahrhunderts die Straßen von Los Angeles säumten. Die sanft leuchtenden, zu einem dichten Cluster arrangierten Lichtmasten sind in einem abgedunkelten Raum aufgestellt und verbreiten eine kontemplative Atmosphäre. Ein idealer Rückzugsort im turbulenten Messegeschehen.
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Chris Burden: Buddha’s Fingers, 2014-2015, Gagosian Gallery, Foto: Heiko Klaas
200 Galerien aus 28 Ländern sind in diesem Jahr an den Rhein gereist. Sie präsentieren Arbeiten von rund 2000 Künstlern. Der Schwerpunkt der Kölner Messe liegt auf zeitgenössischer Kunst von den 1960er Jahren bis heute. Doch Besucher sollten unbedingt auch dem kleinen, aber feinen Sektor mit Klassischer Moderne und Kunst aus der Nachkriegszeit ihre Aufmerksamkeit schenken. Hier präsentiert etwa die Zürcher Galerie von Vertes ein Mobile aus bemaltem Metall von Alexander Calder. Die Münchner Galerie Thomas wartet mit Gemälden von Marc Chagall und Max Ernst auf. Und museumsreife Werke des Expressionisten Ernst Ludwig Kirchner sind gleich bei mehreren Galerien zu entdecken. Die Schweizer Galerie Henze & Ketterer etwa hat ein in den 1920er Jahren entstandenes Gemälde für 3,6 Millionen Euro im Angebot.
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Stand der Galerie Andrea Caratsch, St. Moritz, Foto: Heiko Klaas
Zu wesentlich günstigeren Preisen werden Kaufinteressierte im neu eingeführten Sektor „Neumarkt“ fündig. Hier vertreten sind junge Galerien, die maximal seit zehn Jahren im Geschäft sind. So zeigt etwa die Berliner Galerie KM die Künstlerin Simone Gilges, Jahrgang 1973. Gilges nimmt Schwarz-Weiß-Fotografien von unbewohnbar gewordenen Landschaften zum Ausgangspunkt. Die Negative unterzieht sie in der Dunkelkammer einem geradezu alchimistischen Verfahren, das äußerst farbintensive Resultate hervorbringt. „Durch diese Transformationsprozesse nimmt sie uns mit auf eine postapokalyptische Reise“, erläutert Galerist Jens Mentrup. Die Fotografien sind für 4.000 bis 6.000 Euro im Angebot.
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Karl-Heinz Adler Schichtungen von Dreiecken und Punkten, 1982 Handdruck, Collage, farbige Papiere, Grafit auf Karton 63 x 63 cm courtesy Galerie EIGEN + ART Leipzig/Berlin Foto: Uwe Walter, Berlin
In der Halle 11.2. mit zeitgenössischer Kunst zeigt die Galerie Eigen+Art aus Berlin und Leipzig faszinierende Arbeiten des 90-jährigen Vertreters der Konkreten Kunst, Karl-Heinz Adler, der, abweichend von der offiziellen Kunstdoktrin, auch zu DDR-Zeiten abstrakt-konstruktivistische Werke realisiert hat. Sein grafisches Werk wird gerade von wichtigen Kuratoren wie Hans Ulrich Obrist wiederentdeckt. In der Förderkoje „New Positions“ zeigt Eigen+Art den 1984 geborenen Leipziger Maler Titus Schade. Der Meisterschüler von Neo Rauch fertigt sehr eigenständige kleinformatige Gemälde, die in Motivik und gestalterischer Überhöhung an Bilder von Lyonel Feininger oder Fritz Radziwil erinnern. Bereits am Vernissagetag war fast die ganze Koje mit den 4.000 Euro teuren Gemälden ausverkauft.
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Titus Schade Setzkasten – Dorfkirche, 2016 Öl und Acryl auf Leinwand 30 x 40 cm courtesy Galerie EIGEN + ART Leipzig/Berlin Foto: Uwe Walter, Berlin
Am Stand der Wiener Galerie Christine König bilden Juergen Tellers großformatige Fotografien des androgynen Models Andrej einen Blickfang. Sie sind für 37.000 Euro im Angebot. Teller wird gerade mit einer großen Schau im Berliner Martin-Gropius-Bau geehrt. Wesentlich günstiger am Stand dann zwei hochästhetische Collagen von Gerhard Rühm für je 2.800 Euro. Als Geheimtipp für Einsteiger gelten die Stände der Kunstvereine aus Köln, Düsseldorf, Bonn und Aachen. Hier sind Auflagenwerke namhafter Künstler oft schon für wenige Hundert Euro erhältlich. So bietet etwa der Bonner Kunstverein eine kleine Fotografie des Hamburger Künstlers Jochen Lempert an. Sie zeigt eine bizarr gefleckte Motte und ist für 200 Euro zu haben. Ein absolutes Schnäppchen: Immerhin ist Lempert auch in den Sammlungen des New Yorker MoMA und des Pariser Centre Pompidou vertreten.
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Juergen Teller: Andrej, Christine König, Galerie, Wien
Ungemach droht der Art Cologne indes aus der Nachbarstadt Düsseldorf. Unter maßgeblicher Beteiligung der Messe Schweiz, die auch die weltweit wichtigste Kunstmesse Art Basel betreibt, findet im kommenden November erstmals die neue Regionalmesse Art Düsseldorf statt. Art Cologne-Direktor Daniel Hug empfindet das als Kampfansage und spricht von „Kolonialismus“. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob der Newcomer tatsächlich das Potenzial hat, der gut aufgestellten Art Cologne das Wasser abzugraben. Die Kölner selbst setzen allerdings auch auf Expansion: Sie übernehmen zum Herbst die zuletzt stark von Ausstellermangel geplagte ABC Art Berlin Contemporary. Unter dem neu geschaffenen Label „Art Berlin“ wird die Art Cologne dann also auch als Messeveranstalter in der Hauptstadt präsent sein.
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Frank Stella: „Star inside a star“, 2016, Galerie Hans Strelow Düsseldorf, Foto: Heiko Klaas
Auf einen Blick:
Messe: 51. Art Cologne. Internationaler Kunstmarkt
Ort: Messe Köln, Hallen 11.1, 11.2, 11.3
Zeit: 26. bis 28. April 11-19 Uhr. 29. April 11-18 Uhr
Katalog: 590 S., 30 Euro
Internet: www.artcologne.de