Der Künstler als Bürger und Demokrat: Das Von der Heydt-Museum Wuppertal wirft einen frischen Blick auf Edouard Manet, den großen Unabhängigen der französischen Malerei des 19. Jahrhunderts
Die Skandal-Bilder sind in Paris geblieben. Edouard Manets provokative Gemälde „Olympia“ (1863) und „Das Frühstück im Grünen“ (1863) sind im Wuppertaler Von der Heydt-Museum nur als Reproduktionen zu sehen. Das liegt allerdings auch daran, das diese generell nicht ausgeliehen werden. Museumsdirektor Gerhard Finckh, der die große Übersichtsschau „Edouard Manet“ mit 45 Originalgemälden, vielen Zeichnungen, Druckgrafiken, Fotografien und zahlreichen Werken von Weggefährten über drei Jahre vorbereitet hat, wagt mit seiner Auswahl hingegen eine steile These: „Manet malt demokratisch.“ Er zeigt Manet als Bürger mit Zivilcourage, als unabhängige Künstler-persönlichkeit, und als gut vernetzten „Machertyp“, der den Salon einst als den „wahren Kampfplatz“ bezeichnete. Manet als Kommentator zeitgeschichtlicher Ereignisse und als Wegbereiter eines modernen Künstlertums: In Wuppertal begreift man den französischen Maler als hellwachen Vertreter seiner Zeit, der den Aufstand der Pariser Kommune ebenso in seinen Bildern einfing wie die Mußestunden der Pariser Bourgeoisie in beliebten Gartencafés oder auf der Pferderennbahn von Longchamp.
„In dieser Ausstellung möchten wir zeigen, in welchem Umfeld Manet gelebt hat. Wir möchten das Netzwerk von Manet präsentieren und zeigen, wie Manet seine Zeitgenossen immer um einen Kopf überragte“, erläutert Gerhard Finckh. Malerkollegen wie Claude Monet oder Auguste Renoir werden in einer Art Prolog-Raum präsentiert. Eine Fotogalerie versammelt Aufnahmen befreundeter Literaten wie Emile Zola, Charles Baudelaire oder Stéphane Mallarmé. Die Ausstellung gliedert sich in insgesamt elf Kapitel.
Edouard Manet wurde 1832 in Paris als Sohn eines hohen Ministerialbeamten geboren. Bereits mit 16 Jahren brach er an Bord eines Segelschulschiffs zu einer rund sechsmonatigen Reise nach Rio de Janeiro auf. Nach seiner Rückkehr scheiterte jedoch die ersehnte Aufnahme an der Marineschule. Die Eltern gestatteten ihm daraufhin, Künstler zu werden. Seinem Lehrer, Thomas Couture, stand er eher kritisch gegenüber. Manet war vielmehr fasziniert von der spanischen Malerei. Besonders Velázquez hatte es ihm angetan.
„Manet hat sich immer auch als Bürger verstanden, und er malte für das französische Bürgertum“, erläutert Gerhard Finckh. Großformatige Gemälde mit Reiterszenen aus dem Bois de Boulogne, Porträts illustrer Damen im Wintergarten oder Bilder von modischen Sportarten wie „Die Krocketpartie“ von 1873 zeugen davon.
„Er versuchte, die bürgerliche Freiheit und Rechte hochzuhalten und für die Demokratie zu werben“, stellt Gerhard Finckh fest. „Er ist der Künstler, der die Ereignisse des Tages direkt umgewandelt hat in Malerei.“ Die Ausstellung unterstreicht dies in einem Kapitel, das sich tagespolitischen Themen widmet, etwa der Erschießung des Kaisers Maximilian von Mexiko im Jahr 1867. Hier wagt es Manet, einem Sergeanten, der die Büchse spannt, das Konterfei Napoleon III. zu verpassen und diesen so als Strippenzieher zu entlarven. Ein politischer Kommentar, der ihm zunächst Ärger, später jedoch Ruhm einbrachte.
Porträts von Künstlerfreunden, Stillleben in einem im Gegensatz zum Zeitgeist eher sachlich-nüchternen, nicht „überzuckerten“ Stil, ein Raum mit Seestücken, Bildern von Seglern und Dampfschiffen bis hin zu Ruderbooten auf der Seine: Die Wuppertaler Schau zeigt eine große Bandbreite von Manets Schaffen im Kontext seiner Zeitgenossen. „Er war der Übervater der französischen Kunst in der Mitte des 19. Jahrhunderts“, so Finckh.
Edouard Manet starb 1883 im Alter von 51 Jahren an den Folgen einer Syphilliserkrankung. Von Juli bis Oktober 1882 zog er sich in seinem letzten Sommer in ein gemietetes Haus in dem Ort Rueil unweit von Paris zurück. Hier entstanden die letzten Bilder, impressionistisch druchwirkte Ansichten von Haus und Garten. Mit ihrer klug zusammengestellten Auswahl wirft die Wuppertaler Ausstellung einen frischen Blick auf den Maler Edouard Manet als modernen Demokraten, wachen Bürger und Schlüsselfigur des Pariser Kulturlebens in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Gerhard Finckh möchte mit dieser Schau allerdings auch den Bogen zur aktuellen politischen Lage schlagen: „In einer Zeit, in der die bürgerlichen Freiheiten in Gefahr sind, zeigen wir einen Künstler, der sich für Parlamentarismus und Demokratie einsetzt.“
Auf einen Blick:
Ausstellung: Edouard Manet
Ort: Von der Heydt-Museum Wuppertal
Zeit: 24. Oktober 2017 bis 25. Februar 2018, Di und Mi 11-18 Uhr, Do und Fr 11-20 Uhr, Sa und So 10-18 Uhr, Reformationstag 11-18 Uhr, Allerheiligen 11-18 Uhr, Heiligabend, 1. Weihnachtstag, Silvester und Neujahr geschlossen, 2. Weihnachtstag 11-18 Uhr
Katalog: Verlag Kettler, 312 S., zahlreiche Abbildungen, 25 Euro
Internet: www.manet-ausstellung.de