Das Festival sommer.frische.kunst im österreichischen Bad Gastein hat sich zum diesjährigen Jubiläum mit einem Spin-off der Berliner Messe POSITIONS zusammengetan

Ortsansicht Bad Gastein, Foto: Heiko Klaas
Die Hamburger Kulturförderin Andrea von Goetz kann durchatmen. Das 15-jährige Jubiläum des von ihr 2011 initiierten Festivals sommer.frische.kunst wurde am vergangenen Wochenende mit einem umfangreichen Festprogramm rund um den rauschenden Wasserfall von Bad Gastein gefeiert. Fasziniert von dem zwischen Morbidität und Mondänität changierenden Flair des einstigen Nobelkurorts, waren Kunstbegeisterte vornehmlich aus größeren Städten wie Hamburg, Wien, Berlin und München einmal mehr der Einladung gefolgt, um auf rund 1.000 Metern Höhe einem Kunstevent der etwas anderen Art beizuwohnen. Andrea von Goetz betrachtet das aus dem Festival hervorgegangene Messeformat als Gegenentwurf zu der Vielzahl konventioneller Kunstmessen. „Es gibt etliche Kunstmessen in anonymen Messehallen. In diesem Ambiente kommt es nie zu einem Erleben auf anderer Ebene. Ich wollte hier in den Alpen eine kleine Messe starten, die anders ist, eine Messe, die einen neuen Austausch zwischen Künstler:innen und Sammler:innen ermöglicht“, so von Goetz über die von ihr gegründete art:badgastein, die 2022 Premiere hatte.

Porträt Andrea von Goetz, Foto: © Hannes Wichmann
Doch damit nicht genug. „2025 haben wir mit der Positions Art Fair einen erfahrenen Partner an Bord geholt“, so von Goetz. Zum 15-jährigen Jubiläum der sommer.frische.kunst findet im leerstehenden Hotel Astoria, wo einst die Rothschilds rauschende Feste feierten und später gesundheitlich angeschlagene österreichische Eisenbahner Erholungskuren absolvierten, die art:badgastein x POSITIONS, ein Spin-off der renommierten Berliner Herbstmesse, statt. Ob das Ganze nur eine einmalige Sache ist, wird sich zeigen. Positions-Direktor Kristian Jarmuschek gab sich aber bereits am zweiten Tag der Messe optimistisch: „Wir sind hier der Geburtstagsgast. Wenn es uns gefällt, kommen wir wieder.“ Klein, aber fein: Nur knapp zehn Galerien aus Deutschland und mit Zeller van Almsick immerhin eine etablierte Wiener Galerie verteilen sich auf die charmant unrenovierten Zimmer des Astoria. Manche Galeristen haben sogar die altmodischen Betten und Nachtschränkchen in ihr Standkonzept integriert.

art:bad gastein x POSITIONS, Galerie Zeller van Almsick, Foto: Heiko Klaas
„Die art:badgastein x POSITIONS ist eine Boutique-Messe in entspanntem Ambiente“, fasst es Kristian Jarmuschek zusammen. Für eine Pauschale von 2.500 Euro bietet er den Teilnehmern ein attraktives Komplettpaket. „Jede Galerie hat zum Auftakt bereits zwei bis drei meist kleinere Arbeiten verkaufen können“, so Jarmuschek. „Das Interesse der Gäste ist da. Das ist ein guter Anfang.“

art:bad gastein x POSITIONS Eröffnung, Kristian Jarmuschek (Mitte), Foto: © Hannes Wichmann
Aus Hamburg angereist ist die Galerie Holthoff. In einer Solo-Präsentation werden Gemälde der in Stuttgart und auf Sardinien lebenden Malerin Friederike Just gezeigt. Im Mittelpunkt der Ölgemälde stehen eigenwillige Selbstbetrachtungen aus einer dezidiert weiblichen Perspektive. Arbeiten auf Papier in Mischtechnik sind ab 1.600 Euro im Angebot. Das atelierfrische Gemälde „Barillaspacegirls“ mit sechs Frauen in blauen Overalls und Anspielungen auf Picassos „Les Demoiselles d’Avignon“ ist für 7.600 Euro zu haben.

Friederike Just: Bariilaspacegirls bei Galerie Holthoff, Foto: © Hannes Wichmann
Kristian Jarmuschek zeigt an seinem eigenen Stand unter anderem die 1993 geborene finnische Fotografin Emma Sarpaniemi. Auch sie thematisiert Facetten ihrer eigenen Persönlichkeit, indem sie sich in unterschiedlichen Settings mit wechselnder, kunterbunter Kleidung mit dem Selbstauslöser fotografiert. Ihre nur auf den ersten Blick verspielt daherkommenden Aufnahmen entlarven männliche Blickkonventionen aus einer feministischen Perspektive (kleinere Formate um 2.000 Euro).

Emma Sarpaniemi bei Galerie Jarmuschek + Partner, Foto: © Hannes Wichmann
Mit Preisen bis zu 75.000 Euro für Unikate und Editionen von Andy Warhol und Tom Wesselman ist die rheinländische Galerie Benden & Ackermann mit Standorten in Köln und Düsseldorf nach Bad Gastein gereist und markiert damit die Obergrenze des Preisspektrums.

Galerie Benden Ackermann: Willi Siber, Foto: © Hannes Wichmann
Ob die art:badgastein x POSITIONS eine Zukunft hat, wird sich zeigen. „Anfang des Jahres waren wir noch mit 30 Galerien im Gespräch“, so Kristian Jarmuschek. „Man hätte hier locker drei Etagen bespielen können. Da geht noch was.“

Galerie Yvonne Hohner Contemporary, Foto: © Hannes Wichmann
Jarmuschek hat beobachtet, dass der klassische Galeriebesuch ein Auslaufmodell ist. Daher sieht er in kleinen Boutique-Messen an besonderen Orten wie diesem die Chance für einen vertiefenden, analogen Austausch: „Die Galerien sind schlecht besucht, die Messen zu hektisch. Da ist dies ein gutes Format, um anders miteinander ins Gespräch zu kommen.“

Kraftwerk am Wasserfall, Foto: Heiko Klaas
Rückblick und Szenenwechsel. 2011, als die erste sommer.frische.kunst stattgefunden hat, stand das leerstehende Kraftwerk am Wasserfall im Fokus der Aufmerksamkeit. Andrea von Goetz, die Bad Gastein schon früh für sich als Urlaubsdomizil entdeckt hatte, war es gelungen, Politik und Tourismusexperten davon zu überzeugen, das Kraftwerk für eine künstlerische Zwischennutzung freizugeben. Von Anfang an standen ihr engagierte Hoteliers, wie Ike Ikrath und Olaf Krohne, die es aus Wien oder Hamburg nach Bad Gastein gezogen hatte, zur Seite. Die sommer.frische.kunst startete als engagiertes Artist-in-Residence-Programm, das etlichen damals noch wenig bekannten, heute teils weltberühmten Künstlerinnen und Künstlern die Möglichkeit bot, für einen Zeitraum von vier Wochen in den Bergen zu arbeiten und auszustellen.

Ausstellung „Welcome Back!“, Raum von Tjorg Douglas Beer, Foto: Heiko Klaas
Die präzise inszenierte Jubiläumsausstellung „Welcome Back!“ versammelt nun Werke von 13 Künstlerinnen und Künstlern, die im Kraftwerk jeweils einen Raum bespielen, darunter so bekannte Namen wie Gerwald Rockenschaub, Jorinde Voigt, Ulrike Theusner oder Tjorg Douglas Beer. Als Co-Kuratorin konnte die Wienerin Silvie Aigner gewonnen werden. Eine „Jedermann“-Aufführung, Fotografie-Workshops unter der Leitung renommierter Fotokünstlerinnen und eine Installation am Berg der Wiener Künstlerin und Typographin Theresa Hattinger runden das Programm in den nächsten Wochen weiter ab.

Porträt Ulrike Theusner, Foto: Heiko Klaas
Außerdem feiert Bad Gastein noch den 100. Geburtstag des stadtbildprägenden Architekten Gerhard Garstenauer (1925-2016) mit einer sehenswerten Open-Air-Ausstellung, die von drei jungen Architekturexperten aus Deutschland entwickelt wurde. Sein ikonisches Kongresshaus, 1974 im Stil des Brutalismus errichtet, gilt als architekturgeschichtliches Juwel im Stadtzentrum. Der Eigentümer des denkmalgeschützten Gebäudes, ein Wiener Projektentwickler, lässt es samt dem gegenüberliegenden Belle-Époque-Palast Haus Austria gleichwohl seit vielen Jahren leer stehen.

Hotel Astoria, Foto: Heiko Klaas
Wie könnte es weitergehen mit der sommer.frische.kunst? Fragen wir dazu die Berliner Kuratorin Eva-Maria Steidel, die mit 13 Festivalbesuchen hier quasi Dauergast ist. „Man muss schwer dranbleiben. Ich denke, jetzt ist etwas erreicht, und es muss etwas Großes kommen, vielleicht mit dem Kongresszentrum, wer weiß…“, so Steidel, die maßgeblich an der Entwicklung von Kulturkonzepten für den Berliner Henselmann Tower beteiligt war und ist.

Eröffnung der Ausstellung „Welcome Back!“ im Kraftwerk, Rede von Andrea von Goetz, Foto: Heiko Klaas
Auf einen Blick:
art:badgastein x POSITIONS: bis 6.7.2025, 30.6. bis 4.7.: 16-19 Uhr, 5.7.: 14-19 Uhr, 6.7.: 14-18 Uhr, Hotel Astoria, Kaiserhofstraße 10, Bad Gastein
Jubiläumsausstellung „Welcome Back!“ Bis 31.8.2025
Bis 6.7.2025 täglich 14-18 Uhr, ab 7.7. bis 31.8. Mi-So 14-18 Uhr, Kraftwerk, Wasserfallstraße 7, Bad Gastein
www.artbadgastein.com
www.positions.de/artbadgastein

Eröffnung art:bad gastein x POSITIONS im Hotel Astoria, Foto: © Hannes Wichmann